Energiewende & Harald Leschs E-Auto-Analyse – Teil 1

21.07.2022 enexion

In den letzten beiden Artikeln (hier & hier) dieser Kolumne wurde ein Vortragsvideo von Prof. Sinn aus dem Mai dieses Jahres so dargestellt, dass der Vortag  gut analysierbar sowie nachschlagefähig wird.

Heute folgt die in Teil 2 unter Punkt 5 angekündigte Analyse des Videos, in dem Prof. Harald Lesch seine Sicht der Dinge in Sachen E-Auto mit viel wissenschaftlichem Support darstellt. Da sich auch diese Analyse als sehr umfangreich erwiesen hat, wird wieder eine Zweiteilung vorgenommen.

Vor dem ersten Teil der Lesch-Analyse zunächst – aus aktuellem Anlass – eine kurze Sicht auf die Pläne, die die Bundesregierung zur Bewältigung der heraufziehenden Energiekrise und in Sachen Energiewende hat.

Die Entscheidung Kohlekraftwerke zu reaktivieren ist gut und unbedingt notwendig. Vor allem die heimische Braunkohle ist in großen Mengen verfügbar und preisgünstig zu beschaffen. Steinkohle hingegen muss teilweise um die halbe Welt mit Schwerölschiffen nach Deutschland verfrachtet werden. Das ist teuer und alles andere als umweltfreundlich.

Zur angestrebten Verdopplung der Windkraftwerke onshore bis 2030 ist anzumerken, dass sich das nicht nur viel anhört, dass das auch ein riesiges Unterfangen ist. Dennoch: Die Probleme eines Industrielandes wie Deutschland werden damit auch nicht mal ansatzweise gelöst. Wenig Windstrom mal zwei, ist zwei Mal wenig Windstrom. Ist die Windstromerzeugung hingegen stark, kann dieser Strom faktisch nicht für windschwache Zeiten gespeichert werden. Hinzu kommt, dass die Aussage „80%“ sich in absoluten Zahlen immer dann verändert, wenn der Bedarf steigt. Genau das wird er, wenn die Pläne der Bundesregierung in Sachen E-Mobilität und Wärmepumpen bis 2030 Realität werden. Da wäre ein Strom-Mehrbedarf von 45 TWh wegen der 2030 auf Deutschlands Straßen fahrenden 15 Mio E-Autos. Hinzu kommt der Strombedarf der drei Mio Wärmepumpen, die bis 2030 verbaut werden sollen. Bei einem Durchschnittsstrombedarf von 4 MWh/Jahr sind zusätzlich 12 TWh Strom notwendig. Statt angenommener 500 TWh Strom netto wären 557 TWh Strom netto vonnöten. Um diese 57 TWh zusätzlich per Windkraft im Durchschnitt zu erzeugen sind 5.915 Windkraftwerke à 5 MW notwendig. Zusätzlich müssten für die Ende 2021 weggefallenen drei Kernkraftwerke plus zusätzlich die zum Ende des Jahres 2022 drei abzuschaltenden Anlagen 60 TWh regenerativ erzeugter Strom bereitgestellt werden.  Macht noch mal 6.227 Windkraftwerke à 5 MW.

Insgesamt sind bis zum 2030 allein wegen des zusätzlichen Bedarfs von 57 TWh Strom, bedingt durch 15 Mio E-Autos plus 3 Mio Wärmepumpen und dem Wegfall vom 60 TWh CO2-freien Strom aus Kernkraft, 12.142 Windkraftwerke bis zum Jahr 2030 zu errichten.

Die Auswirkung auf die geplanten 80% regenerativ erzeugtem Strom bis zum Jahr 2030 sind diese: 80% von 557 TWh machen gerundet 446 TWh Strom, der regenerativ erzeugt werden müsste. 2020 – das Jahr wurde ausgewählt, weil 2021 regenerativ außergewöhnlich schwach war – sind insgesamt 184 TWh Strom mittels Wind- und Solarkraft hergestellt worden. Hinzu kommen noch 64 TWh Strom aus Wasserkraft und Biomasse. Die Nutzung der letztgenannten Energieträger ist praktisch kaum noch ausbaubar. Grund ist die Geländestruktur Deutschlands und Tank/Teller-Problem). Deshalb werden in Zukunft fast ausschließlich zusätzliche Windkraft und PV-Anlagen regenerative erzeugten Strom zusätzlich herstellen.

Wenn man die oben veranschlagten 117 TWh, die von den 12.142 noch zu bauenden Windkraftwerken erzeugt werden, zur hinzurechnet, werden aufgerundet 365 TWh Strom im Jahr 2030 regenerativ erzeugt. Fehlen zu den 80% = 441 TWh noch 82 TWh Strom. Es wären neben den 11.520 Windkraftanlagen à 5 MW oben noch diese Anzahl regenerativer Stromerzeugungsanlagen zusätzlich zu erstellen:

Quelle

Bis 2030 soll dies alles fertiggestellt werden. Ein höchst ambitioniertes Unterfangen.

Wenn zumindest die Verdopplung der Windkraft- und der PV-Anlagen bis 2030 geschafft würde, wäre das Ergebnis insgesamt nur wenig ermutigend. Bezogen auf die echten täglichen Stromerzeugungswerte sähe es für das bisherige Jahr 2022, Stichtag 26.6.2022, so aus:

Vergrößern oder besser: Quelle der gestreckten, übersichtlicheren Original-Exceltabelle

 

Analyse des Videos von Prof. Harald Lesch zum E-Auto – Teil 1

 

1. Historie des Elektromotors – ein kurzer Abriss

 

Ein moderner Verbrennungsmotor, egal ob Benzin oder Dieselvariante – ist in der Tat ein höchst komplexes technisches Konstrukt und eine Ingenieurs-Meisterleistung. Nur eins von vielen Beispielen für die Entwicklung von Hochleistungstechnologien ist das Karlsruher Institut für Technologie. Die Spitzentechnologie „Verbrenner“ ist vor allem in Deutschland (weiter-) entwickelt worden. Mit dem Schwenk auf die Elektromobilität beraubt sich das Land erneut der Vorherrschaft im Bereich einer hochkomplexen Technologie. Wie bereits vor Jahren im Kraftwerksbau, insbesondere im Bereich der Kernenergie.

2. Effizienz des Elektromotors

 

Prof. Lesch legt einen beeindruckenden Vergleich vor. Da schneidet das batteriebetriebene Fahrzeug sehr gut ab. Ein mit Wasserstoff und Brennstoffzelle betriebenes Fahrzeug ist aber im Prinzip ebenfalls ein batteriebetriebenes Fahrzeug. Der aus regenerativem Strom durch Elektrolyse mittels Brennstoffzelle (rück-) erzeugte Strom wird an eine Batterie abgegeben, deren Strom dann je nach Bedarf (Gasfuß) den Elektromotor betreibt. Dass der Verbrenner, der mit synthetischem Kraftstoff betrieben wird, bei der Effizienz am schlechtesten abschneidet, liegt nicht nur an der Wärmeerzeugung des Motors, sondern auch an den mehrfachen Wandlungsprozessen der elektrischen Energie.

Doch zunächst zur regenerativen Stromerzeugung. Leider scheint die Sonne nur über Tag und da durchaus nicht immer gleich stark. Wind ist sehr launisch. Mal gibt es viel Wind, mal herrscht Flaute. Fakt ist, dass im Durchschnitt nur 25% der installierten Leistung Windkraft tatsächlich in Energie, die durch Strom übertragen wird, gewandelt werden. Bei Photovoltaik sind es lediglich 12,5%. Die regenerative Stromerzeugung ist nicht nur sehr aufwendig. Sie ist im Bereich Wind und Solar auch sehr vom Wetter-Zufall abhängig.

Da elektrische Energie (kurz: Strom) das Wandlungsprodukt primärer Energieträger (zum Beispiel Wind-, Solarkraft) ist, ist er ein sekundärer Energieträger. Wenn dieser doch recht aufwendig hergestellte Strom in Wasserstoff gewandelt wird, entsteht ein tertiärer Energieträger. Bereits 2010 hat Ulf Bossel die Wandlungsverluste bei der Wasserstoffherstellung dokumentiert. Von 100% Ursprungsstrom kommen am Ende 20 bis 25% – heute wegen technischer Optimierungen auch vielleicht knapp 30% – Strom heraus. Dafür hat der Autofahrer keine Reichweitenangst und keine langen Wartezeiten beim Tanken. Wenn er denn eine Wasserstoff-Tankstelle findet. Aus Wasserstoff kann noch ´ Synthetischer Kraftstoff ` hergestellt werden. Das wäre dann ein quartärer Energieträger. Der kostet noch mal 50% der vorhandenen Energie. Diese Synfuels hätten den Vorteil, dass die vorhandene Tank-Infrastruktur und der aktuelle Verbrenner-Fahrzeugpark weitestgehend genutzt werden könnten.

Allen Möglichkeiten ist gemein, dass sie nur funktionieren, wenn genügend regenerativ erzeugter Strom erzeugt wird, um den GESAMTEN Strombedarf zu decken.  Warum das so ist, wird weiter unten erklärt. Und: Eine Komplettdeckung wird bis 2030 und auch bis 2045 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch im Durchschnitt nicht der Fall sein. Der Strombedarf wird immer größer, Wind- und Sonnenkraft weisen eine viel zu geringe Energiedichte auf und sind höchst volatil.

3. Fahrzeugvergleich VW Passat – Tesla

 

Warum Prof. Lesch einen 280 PS Benziner von VW mit einem 325 PS E-Auto von Tesla vergleicht, ist sein Geheimnis. Die formale Begründung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Vergleich keinesfalls irgendwelchen wirklichkeitsnahen Hintergrund hat. Wenn E-Mobilität eine Zukunft haben soll, dann liegt diese im Bereich der Golf-Klasse und kleiner. Alles andere mag zwar aus Margengründen für die Hersteller eine gewisse Rolle spielen, ist aber faktisch Ressourcenverschwendung und atmet ganz sicher nicht den ´Geist der Energiewende`. Da spielt es keine Rolle, ob diese Verschwendung im fossilen oder im regenerativen Bereich stattfindet. Hinzu kommt, dass ein Fahrzeug mit um die 300 PS und mehr nach unserer Meinung eine Gefahr an sich darstellt.

4. Passat – Tesla und der CO2-Ausstoß bei der Nutzung

 

Der erste Kniff, um das E-Auto gut aussehen zu lassen ist die Verwendung der Herstellerangaben zum Verbrauch. Das mag wissenschaftlich richtig sein, aber realistisch wäre doch beim Tesla mit 20 kWh/100 km der echte Verbrauch. Der Passat benötigt mit 7,8 Litern ohnehin so viel Sprit, dass er schlechter als der Tesla abschneidet.  Ein Golf Diesel hingegen braucht an Kraftstoff: „Golf 7 1.6 TDI BlueMotion (90 bis 115 PS) verbraucht nach Werksangaben zwischen 3,8 und 4,2 Litern Diesel pro 100 km. Der echte Verbrauch wird von den Fahrern dieser Motorisierungen mit 5,6 Litern im Schnitt angegeben.“ Quelle

Zusammenfassend sei gesagt, dass der Vergleich ´CO2-Ausstoß bei der Nutzung` sowohl von der Auswahl der Fahrzeuge als auch bei der Verbrauchsermittlung unzureichend ist. Prof. Sinn zum Beispiel nutzt in seinem Vortrag vom Mai 2022 Vergleichszahlen eines modernen Golf Diesel und eines E-Golfs. Das ist wirklichkeitsnah.

5. CO2-Ausstoß bei der Herstellung eines Autos

 

Der zweite Kniff, den Prof. Lesch zumindest zulässt und später selber nutzt, ist die prosaische Verkleinerung von Sachverhalten, die das E-Auto womöglich schlecht aussehen lässt. Es wird bewusst auf Zahlen und Werte zum Vergleich verzichtet. Es wird nur ein Eindruck im gewünschten Sinn erweckt. So ist der CO2-Fußabdruck bei der Herstellung eines Elektrofahrzeugs „etwas“ höher als der eines Verbrennerfahrzeugs. Das bisschen mehr CO2 wird „irgendwann, nach wenigen Jahren“ ausgeglichen. Also kaum der Rede wert, so der Eindruck beim unbedarften Zuschauer.

6. CO2 – Bilanz

 

Prof. Lesch setzt fälschlicherweise das CO2, dass bei der Herstellung eines Tesla anfällt und das dem Passat-CO2-Ausstoß bei 18.000 km Fahrleistung entsprechen soll, in´ s Verhältnis zum CO2-Ausstoß des Passats, den dieser bei 230.000 km insgesamt ausstößt. Der Tesla stößt in den zu fahrenden 230.000 km ebenfalls CO2 aus. Den der Strom, den der Tesla tankt, ist eben nicht CO2-frei. Deshalb ist dieser Abschnitt kein Kniff, sondern insgesamt nicht korrekt.

Zur Rolle des Strom-Mix´ beim CO2-Ausstoß ist folgendes festhalten. Ganz gleich, wie sich der Strom-Mix zusammensetzt, ein E-Auto, das als neuer Stromverbraucher in den Strom-Markt eintritt, wird immer mit 100% fossil erzeugtem Strom betankt. Wie das? Nehmen wir an, der Strommix läge exakt bei 50% fossil erzeugtem, 50% regenerativ erzeugtem Strom. Das Fahrzeug wird betankt. Zu beachten ist, dass genau deswegen, der Wind nicht mehr oder stärker weht, oder die Sonne öfter oder kräftiger scheint. Der regenerativ erzeugte Strom mit seinen 50% deckt mit seinem Anteil die bisherigen Stromverbraucher ab. Die Stromtankfüllung kann erfolgen, weil ein konventionelles Kraftwerk etwas mehr Strom herstellt. Der Strommix verschiebt sich in dem Moment zu Ungunsten der regenerativen Stromerzeugung. Er liegt jetzt bei (Beispiel zur Veranschaulichung, keine errechneten Werte) 50,000001 fossil zu 49,000009 regenerativ. Sogar, wenn das Fahrzeug durch die PV-Anlage auf dem eigenen Haus betankt würde, wäre unter dem Strich mehr fossil erzeugter Strom nötig. Denn der geladene PV-Strom, der sonst selbst für den Haushalt gebraucht und/oder ins Stromnetz eingespeist würde, fällt wegen des Ladevorgangs weg. Also muss zur Deckung des restlichen Bedarfs etwas konventioneller Strom erzeugt werden, damit der Strombedarf insgesamt gedeckt werden kann. Auch die PV-Anlage auf dem Dach erzeugt keine Wattstunde Strom mehr, nur weil ein E-Auto geladen wird. Im ersten Abschnitt dieses Artikels wurde festgestellt, dass allein zum Ausgleich des Strommehrbedarf von 117 TWh Strom eine Menge regenerative Anlagen hinzugebaut werden müssten.  Geschieht das nicht, verändert sich der Strommix zu Ungunsten der Erneuerbaren. Die Rechnung geht erst dann zu Gunsten der Regenerativen auf, wenn der komplette Strombedarf = 100% plus Reserve regenerativ erzeugt wird. Wichtig ist dabei, dass dieser Strom immer dann, wenn über Bedarf produziert wird (mittags im Sommer viel zu viel PV-Strom, zeitweise starke Windstromerzeugung vor allem im Herbst und Winter) auch langfristig gespeichert wird. Nur so können die Erzeugungsschwankungen ausgeglichen und der Strom auf regenerativ schwache Zeiten übertragen werden. Im Speichern, im Fehlen vom Massenspeichern für überschüssigen Strom im notwendigen Umfang liegt ein erheblicher Konstruktionsfehler der Energiewende. Hinzu kommt, dass heute zu speichernder Strom nur in sehr geringem Umfang anfällt. Mit dem massiven Ausbau der PV-Stromerzeugung könnte sich das ändern. Doch das ist ein anderes Thema.

Der zweite Teil der Analyse des Lesch-Videos erscheint im nächsten Artikel

© Enexion group 2022, alle Rechte an dem zitierten Lesch-Video und den daraus erstellten Ausschnitten liegen beim ZDF. Wir zitieren zu Analysezwecken aus wichtigen Tages- und allgemeinpolitischen Gründen (zum Beispiel dem geplanten Komplettumbau der deutschen Automobilindustrie). Die Analyse erfolgte nach bestem Wissen und Gewissen aber ohne Gewähr. Jegliche Haftung ist ausgeschlossen.

 

 

 

 

 

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