Energiewende ist Stromwende – Einordnung der Mengen

24.02.2020 enexion

Bei der Betrachtung der Primärenergie, die Deutschland im Jahr benötigt, fällt auf, dass erneuerbare Energieträger mit knapp 14% eine wesentlich geringere Rolle spielen, als medial regelmäßig kolportiert wird. Grund ist die Annahme, dass der Zuwachs der erneuerbaren Energieträger Windkraft und Photovoltaik im Bereich der Stromerzeugung ein wesentliches Element der Energieversorgung Deutschlands sei. Wie die Aufschlüsselung der Anteile der erneuerbaren Energieträger zeigt, ist Windkraft lediglich mit 3%, Photovoltaik mit 1,3% an der Primärenergieversorgung Deutschlands beteiligt. Und zwar ausschließlich im Bereich Strom. Strom ist ein sekundärer Energieträger, der aus diversen primären Energieträgern erzeugt wird.

Biomasse und Wasserkraft sind grundlastfähige erneuerbare Energieträger, deren Ausbau nahezu ausgeschöpft ist. Wasserkraft aus natürlichen Gegebenheiten, Biomasse aus der Überlegung heraus, wie viele als Nahrungsmittel verwendbare Naturprodukte zur Energiegewinnung ver(sch)wendet werden dürfen. Der größte Teil der Biomasse wird nicht zur Strom-, sondern zur Gas- und Treibstofferzeugung genutzt. In der Stromerzeugung ist der Anteil Biomasse, Wasserkraft seit Jahren konstant, aber gering, wie unter gut zu erkennen.

2019 lag die in Deutschland benötigte Primärenergie geschätzt bei 3.500 TWh. Davon fielen gut 500 TWh auf Strom, der netto erzeugt wurde. Das ist praktisch der Strom, der aus der Steckdose kommt. Industriestrom-Eigenerzeugung, sowie der Strom, den die Kraftwerke selber benötigen, ist dabei nicht berücksichtigt (Bruttostromerzeugung). Somit bezieht sich „Energiewende“ erst einmal vorrangig auf 15% des heimischen Energieverbrauches und dort auf den teuersten und am schlechtesten speicherbaren Energieträger – nämlich Strom.
Die häufig genannten hohen Werte von 40 bis 46% EE-Energieanteil ergeben sich nur, wenn man diese auf die Stromerzeugung jedoch nicht auf den Gesamtenergie-Verbrauch bezieht. Es wird gerne der Eindruck erweckt, die Energiewende sei auf einem „guten Weg“.  Dabei ist es faktisch bislang im Wesentlichen nur eine Stromwende, die bisher vollzogen wird.
Will man die Sektoren, in denen im hohen Umfang auf fossile Energieträger Gas, Kohle, Öl zurückgegriffen werden muss, in Richtung grüne Verstromung ´wenden`, will man die zur Zeit unabdingbaren fossilen Energieträger plus Kernkraft durch Strom aus erneuerbaren Energieträgern und dessen mögliche Folgeprodukte, z. B. Wasserstoff usw. ersetzen, sind in diesem Bereich Anstrengungen vonnöten, die in keinem Verhältnis zur aktuellen Ausbaulage z. B. von Windkraftwerken im Bezug auf den Primärenergiebedarf stehen.
Welche Auswirkungen die aktuelle Ausbaulage und der weitere Ausbau naturgemäß volatiler Wind- und Sonnenkraftwerke hat, wie sich die diversen Abschalt- und Ausstiegsszenarien bezüglich  grundlastfähiger Kraftwerke gestalten und auswirken, wo die CO2-Erzeugung hingeht …, dies und mehr werden Themen der Artikel der nächsten Wochen und Monate sein.

Deutschlands stromintensiven Betriebe und Industrien sind – wie alle anderen – auf eine kontinuierliche, sichere Strom-, aber auch Energieversorgung angewiesen. Auch die für die IT-Strategie der Bundesregierung so wichtigen Datacenter sind naturgemäß stromintensiv. Ist die sichere Strom- und Energieversorgung nicht mehr nachhaltig gewährleistet werden sich die Verantwortlichen überlegen, ihre Produkte da zu produzieren, wo sie Bedingungen vorfinden, die den Produktionsprozess sicher und wettbewerbsfähig ermöglichen.
Deshalb gibt es in Deutschland etliche Instrumente (Beispiel “besondere Ausgleichsregelung“), die zumindest auf der Energievollkostenseite (TEC = Total Energy Costs) eine wettbewerbsfähige Energieversorgung ermöglichen sollen. Damit soll die Abwanderung wichtiger und zukunftsträchtiger Industriezweige mit entsprechenden Arbeitsplatzverlusten verhindert werden.

Leider ist das Procedere, das Handling dieser Instrumente, die Analysen der betrieblichen Strukturen etc., die notwendig sind, um optimale, sichere und kostengünstige Energieversorgung bereit zu stellen, höchst komplex und anspruchsvoll. Nicht jedes Unternehmen will und kann sich in die Materie so intensiv einarbeiten und die permanenten Änderungen täglich nachhalten, um optimale Lösungen systematisch sicherzustellen. Fehlerhafte Entscheidungen in diesem Bereich können jedoch in der unternehmerischen Praxis massive Folgen haben. Die gilt es unbedingt zu vermeiden.

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