Energiewende und Strompreise: e-Mobilität Spezial

12.07.2021 enexion

Die Strompreise explodieren.

Die energieintensive Industrie leidet unter diesem Phänomen besonders stark. Sie muss nicht nur die seit einigen Wochen stark erhöhten Marktpreise bezahlen, wenn nicht bereits genügend Strom im Kontingent günstig im Vorfeld eingekauft wurde (so, wie es die enexion Kunden tun). Der Strom-Markt besteht nur zu einem Teil aus Börsenhandel. Dort findet in erster Linie das kurzfristige Spotgeschäft statt. Der größte Teil des benötigten Stroms wird börsenunabhängig ´Over-the-Counter`, über den Strom-Großhandel kontrahiert. Dennoch spielt der Börsenpreis für viele Unternehmen eine erhebliche Rolle. Sie beziehen ihren Strom in der Regel über Energieversorgungsunternehmen, die Ihre Energiepreise für Ihre Kunden gerne an den teuren „Börsenpreis“ heften und diesen mit einer weiteren zusätzlichen Marge an den Endkunden weitergeben.

Bei der Betrachtung der Erzeugungskurve vom 1.6. bis 4.7.2021 fällt auf, dass die deutsche Stromproduktion fast täglich unter dem Bedarf des Landes liegt. Morgens und zum Abend erzeugen die konventionellen Stromproduzenten weniger Strom als zur Bedarfsbedeckung inkl. der regenerativen Energieträger notwendig wäre. Natürlich könnten Sie es. Sie wollen aber nicht. Denn über die Mittagsspitze würde dann viel zu viel Strom im Markt sein. Die Preise für den zu exportierenden Strom fielen schnell in´s Bodenlose. Das wären Preiseinbußen, die die konventionellen Stromerzeuger natürlich ebenfalls beträfen. Preis ist Preis. Hinzu kommt, dass der Ausgleich der aktuell nahezu täglichen Stromlücken zu einem Absinken des Preisniveaus insgesamt führen würde. Konkret würden die Konventionellen zwecks Lückenschluss mehr Strom erzeugen, dafür aber weniger Ertrag erzielen. Deshalb handeln die deutschen, konventionellen Stromerzeuger ökonomisch absolut richtig. Sie lassen die Stromlücken so weit ungedeckt, damit inkl. über die Mittagsspitze optimale Preise anfallen. Den Importstrom zahlt der Stromkunde, die konventionelle Erzeugung zahlt der Stromkunde, die regenerative Erzeugung zahlt der Stromkunde. Die EEG-Umlage zahlen manche stromintensiven Großkunden nicht. Nur deshalb sind sie noch nicht pleite oder ins Ausland abgewandert. Das Gros der Stromkunden zahlt hingegen gezwungenermaßen über die Stromrechnung  die EEG- und etliche weitere Umlagen, Abgaben usw.

Elektromobilität auf dem Vormarsch?

Bundesminister Altmaier meinte am 2.7.2021: Deutschland steht wegen der deutlich erhöhten Förderung vor einem wichtigen Etappenziel beim Ausbau der klimafreundlicheren Elektromobilität. „Wir werden unser Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020, das jedermann für unerreichbar gehalten hat, in diesem Juli erreichen, also mit nur einem halben Jahr Verspätung“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in einem Interview mit dem Tagesspiegel. Diese Aussage verwundert, weil lt. Kraftfahrtbundesamt die Zulassung der echten, …

Kraftstoffarten

… der rein batterie-elektrisch fahrenden Fahrzeuge (BEV) bis einschließlich 2020 bei 309.083 Stück lag. Auch wenn von Januar bis Juni 2021 noch weitere BEV zugelassen wurden (siehe Tabelle unten).

Minister Peter Altmaier zählt zu den BEV einfach noch die sogenannten Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge hinzu. (Plug-In-) Hybridfahrzeuge sind eine akzeptable Lösung bei Schwerpunktsetzung ´Umweltfreundlichkeit`. Zur CO2-Reduktion allerdings tragen sie kaum bei. Die Batterie, der Akkumulator eines ´normalen` Hybridfahrzeugs wird mittels eines Generators (Lichtmaschine), der vom Verbrennungsmotor angetrieben wird, geladen. Zwar kann mit diesen Fahrzeugen in bewohnten Gebieten, vorzugsweise in der Stadt mit der geladenen Batterie emissionsfrei gefahren werden. Die CO2- und sonstigen Emissionen werden in den ländlichen Bereich, auf Langstreckenfahrten verlagert, wenn die Batterie mittels Generator geladen wird. Über das Stromnetz kann die Batterie nicht geladen werden.

Bei Plug-In-Hybridfahrzeugen hingegen kann die Batterie an einer Ladesäule (z. B. der Firma) oder auch zu Hause an einer Wallbox geladen werden. Wenn man genügend Zeit hat, reicht eine normale Steckdose. Die Ladefunktion direkt über das Stromnetz wird allerdings nur verhältnismäßig selten genutzt („Ladekabel liegt sehr oft originalverpackt im Kofferraum“). Hinzu kommt, dass der Strom, der geladen wird, fossil erzeugt wurde. Der Grund ist einfach: Jeder zusätzliche Stromverbraucher erhöht den Strombedarf. Der Strom, der zum Laden einer Batterie benötigt wird, wird genau in diesem Moment erzeugt. Da der regenerativ erzeugte Strom in seiner Menge – abhängig von Wind- und Solaraktivitäten – begrenzt ist und vorrangig in das Stromnetz eingespeist wird, muss zusätzlich benötigter Strom auch zusätzlich erzeugt werden. Das ist praktisch nur mit Steinkohle, Braunkohle- oder Gaskraftwerken möglich. Denn Wind weht, Sonne scheint nicht deshalb mehr, weil es zusätzliche Stromverbraucher in Form von Auto-Batterien oder Sonstigem gibt. Insofern ist es vollkommen gleich, ob ein fossiler Energieträger direkt in einem Verbrennungsmotor oder in einem Kraftwerk verbrannt wird. Der CO2-Ausstoß wird jedenfalls nicht reduziert.

Minister Altmaier rechnet die Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge zu den rein batterie-elektrisch betriebenen Fahrzeugen hinzu. Mit diesem „Trick“ kommt der Minister dann in die Richtung der Million Fahrzeuge. Die Tabelle führt die bis einschließlich Juni 2021 zugelassenen BEV und Plug-In-Hybride mit auf:

Zulassungen

Insgesamt ist der Anteil der Fahrzeuge zum 1.1.2021 mit alternativen Antrieben/Kraftstoffen (siehe Tabelle ganz oben) gegenüber den Benziner/Diesel-Verbrennern außerordentlich gering. Er beträgt nicht mal 5%. BEV plus Plug-In-Hybride machen gerade mal 1,2 % aus. Viel mehr wird es mit dem Halbjahreszuwachs bis Juni 2021 auch nicht werden. Davon zu sprechen, dass Elektromobilität auf der „Überholspur“ sei, ist u. E. sehr übertrieben. Solange die Ladeinfrastruktur nicht entsprechend ausgebaut wird, werden die Zahlen auch in den nächsten Jahren bescheiden bleiben. Hinzu kommt das Problem der zusätzlichen Strommenge, die aktuell immer fossil erzeugt werden muss. Solange die regenerative Stromerzeugung nicht per Saldo 100% und mehr („Überschüssiger Strom“) ausmacht, wird das auch so bleiben. Die weiter steigenden Strompreise werden das Laden von Elektrofahrzeugen weiter verteuern. Auch steht zu befürchten, dass Steuern, die aktuell noch im Kraftfahr-Mineralölbereich erhoben werden, Zug-um-Zug auch für Fahrstrom anfallen werden.

Deutschland hat vor, Elektroauto-Akkumulatoren hier im Land herzustellen. Damit wird der CO2-Ausstoß deutlich erhöht werden. Denn wegen der Produktion von Batterien steht noch lange nicht genügend regenerativ-erzeugter Strom hierfür zur Verfügung. Auch wenn speziell für eine Batteriefabrik ein Wasserkraftwerk den Strom zur Batterieherstellung komplett bereitstellen würde, würde eben genau dieser Strom im allgemeinen Stromnetz fehlen. Der Strom-Mix würde nicht Richtung regenerativ erweitert; der fehlende Strom müsste stattdessen fossil erzeugt werden. So kommt Deutschland, kommt die EU in das Dilemma, dass E-Autos nicht mehr als emissionsfrei gelten dürften. Die CO2-Flottenverbrauchsvorgaben für die Autoindustrie wären Makulatur.

Prof. Hans-Werner Sinn hat die CO2-Problematik im Bereich der E-Mobilität in einem kurzen Video (Ausschnitt aus einem Vortrag für diverse Volkshochschulen) erläutert. Das Narrativ, dass batterie-elektrische Fahrzeuge (BEV) CO2-frei seien, ist nicht haltbar. Im Vergleich mit einem modernen Diesel schneiden sie sogar schlechter ab. Denn die Leistungsfähigkeit eines Akkumulators lässt im Lauf der Zeit nach. Bleibt die Frage des Besitzers nach dem Risiko, welches mit dem E-Auto verbunden ist: „Kann das Fahrzeug noch mit dem alten Akku verkauft werden?“ Oft muss ein neuer Akku her, bevor die nötige Laufleistung zwecks „Abfahren“ des CO2-Rucksacks erreicht ist. Sehen Sie dazu das Video von Prof. Sinn:

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=-q4uz18cUoc ab 31:39m

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