Energiewende und Klimaschutzverträge für die Industrie

16.02.2022 enexion

Industrieproduktion ist aktuell in erster Linie auf die fossilen Energieträger Kohle und Gas angewiesen. Auch der benötigte Wasserstoff wird, da er in der freien Natur praktisch nicht vorkommt, aus Erdgas hergestellt. Mit der Gründung des Instituts Agora-Industrie als neuem Forschungszweig der Agora Energiewende und mit dem Wechsel von Patrick Graichen, dem vormaligen Direktor von Agora-Energiewende als Staatssekretär in das Superministerium von Robert Habeck will Agora-Industrie selbstverständlich Schwerpunkte in Sachen Energiewende setzen. Es wurde eine Studie erstellt, in der untersucht wird, wie Industrie mit Hilfe von Klimaschutzverträgen auf den Pfad der Klimaneutralität gebracht werden kann.

Kernergebnisse der Studie

Quelle

Da der Transformationsweg für die alle Industriezweige sehr kostenintensiv ist, wurde das Instrument der Klimaschutzverträge aus der Taufe gehoben. Mittels dieser Verträge sollen die Mehrkosten abgefedert werden, so dass die Unternehmen die Umwandlung in CO2-neutrale Produktionsweise ohne wesentliche zusätzliche Belastungen in Angriff nehmen können. Bemerkenswert ist, dass ein Kernergebnis die Notwendigkeit von CO2-Speichern (CCUS) offensichtlich macht. Eine Begrenzung der Kosten auf weniger als 10 Mrd. € soll mit staatlichen Sicherheiten und Reformen der Klimapolitik auf nationaler und europäischer Ebene möglich werden.

Wie das Verfahren allgemein aussehen soll, verdeutlicht dieses Infogramm:

Quelle Seite: 15

„Durch Klimaschutzverträge garantiert der Staat die Refinanzierung von Investitionen in klimafreundliche Industrieanlagen, die Unternehmen noch nicht allein über den Markt erzielen können. Über diese Absicherung der klimafreundlichen Produktion kann ein Angebot an grünen Grundstoffen für nachhaltige Produkte geschaffen werden. Die Kosten für diese Technologieförderung in der Produktion von Stahl, Ammoniak und Zement liegen laut den Berechnungen von Agora bei insgesamt zwischen 10 und 43 Milliarden Euro. Die Höhe der über die Laufzeit der Klimaschutzverträge tatsächlich fälligen Zahlungen hängt von der Entwicklung anderer Politikinstrumente, wie etwa einer Reform des europäischen Emissionshandels, ab.“

Da sind noch einige Hürden zu bewältigen, um tatsächlich die in den Kernergebnissen angepeilten max. 10 Mrd. € zu erreichen. Vor allem drängt die Zeit, denn bereits bis zum Sommer dieses Jahres sollen die ersten konkreten Schritte eingeleitet werden.

Insgesamt werden die Kosten tatsächlich mit großem Spielraum eingeschätzt (10-43 Mrd. €). Wobei ein wesentlicher Kostenfaktor die Preise für regenerativ erzeugten Strom und eben auch daraus erzeugtem – grünem – Wasserstoff eine erhebliche Rolle spielen. Frank Peter, der Direktor von Agora Industrie meint: „Gestützt von der staatlichen Absicherung über Klimaschutzverträge liegt es an den Unternehmen, sich in den nächsten zehn Jahren als Vorreiter der klimaneutralen Transformation aufzustellen und ihre Standorte zukunftsfest zu machen“. Der Anschub der Industrietransformation sei zudem ein wichtiger Anker für den Aufbau der für die Klimaneutralität nötigen Infrastruktur. Insbesondere brauche es nun einen Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft, aber auch den Ausbau der Stromnetze und Erneuerbarer Energien. „Je ganzheitlicher der Ansatz der europäischen und deutschen Klimapolitik ist, desto niedriger sind die Transformationskosten und umso höher ist der Nutzen für unsere Gesellschaft“. Quelle

Infogramm zur Ausgestaltung von Klimaschutzverträgen für die Industrietransformation / Ausschreibungs- und Auswahlprozess

Quelle Seite: 16

Die beiden ersten Infogramm machen deutlich, dass allein der Vorbereitungs- und Antragsprozess alles andere als einfach zu handhaben sein wird. Externe Unterstützung zum Beispiel durch die enexion group ist sicherlich hilfreich, spart Ressourcen und vermeidet teure Fehler.

Stahl-, Ammoniak und Zementproduktion

Diese Produktionszweige sind wesentliche Bestandteile der Grundstoffindustrie. 63% der gesamten CO2- Industrieemissionen werden von der Grundstoffindustrie verantwortet.

Transformation der Primärstahlproduktion

Quelle Seite: 17

„Die Stahlindustrie als der größte industrielle CO₂-Emittent in Deutschland steht vor der Aufgabe, die konventionelle Stahlproduktion über die Hochofenroute auf die klimafreundliche Direktreduktion mit Wasserstoff umzustellen. Hier belaufen sich die abzusichernden Mehrkosten für den Betrieb laut der Agora-Studie auf 2 bis 27 Milliarden Euro – abhängig von der Reform des EU-Emissionshandels, dem Aufbau grüner Leitmärkten und von Kostenminderungen bei erneuerbarem Wasserstoff.“ Quelle

Transformation der Ammoniakproduktion

Quelle Seite: 18

„Die Produktion von Ammoniak soll künftig nicht mehr über fossile Energieträger, sondern über erneuerbaren Wasserstoff erfolgen. Um die Transformation in dieser Branche zu ermöglichen, ist ein schneller Aufbau der Infrastruktur für Produktion, Speicherung und Transport von klimafreundlichem Wasserstoff notwendig. Diese Infrastruktur steht dann auch für die Transformation anderer Sparten und des gesamten Energiesektors zur Verfügung. Die Mehrkosten für den Betrieb, die über Klimaschutzverträge abgesichert werden müssen, liegen bei bis zu 6 Milliarden Euro, können aber durch den Aufbau grüner Leitmärkte im besten Falle auf null sinken.“ Quelle

Transformation der Zementproduktion

Quelle Seite: 19

„In der Zementindustrie lassen sich mit Technologien und der Infrastruktur für das Abscheiden und Lagern von CO₂ (Carbon Capture and Storage) ansonsten unvermeidbare Prozessemissionen mindern. Der Aufbau einer Infrastruktur für den Transport und die Speicherung von CO₂ und die Entwicklung geeigneter Regularien sind eine Voraussetzung für die Klimaneutralität der Branche. Die betrieblichen Mehrkosten für erste kommerzielle Anlagen, die über Klimaschutzverträge abgefangen werden müssten, liegen um die 100 Millionen Euro. Mit weiteren 500 Millionen Euro für den Betrieb mit Biomasse können diese Anlagen auch negative Emissionen von bis zu einer Millionen Tonnen CO2 pro Jahr erzielen.“ Quelle

Die Zusammenfassung der Studie für Entscheidungsträger ab Seite 9

Es muss unbedingt beachtet werden, dass es sich um eine Studie handelt, die oben vorgestellt wurde. Ob und wann die endgültigen gesetzlichen Regelungen in Kraft treten, ob diese mit den oben beschriebenen Regularien übereinstimmen, ist noch ungewiss. Da aber ehemalige Direktor von Agora-Energiewende, Patrick Graichen,  im Bundeswirtschaftsministerium als beamteter Staatssekretär für Robert Habeck in Sachen Klimaschutz tätig ist, spricht viel für eine weitgehende Umsetzung der dargestellten Vorgehensweise.

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