Energiewende & Vortäuschung falscher Tatsachen

16.03.2023 enexion

Im Januar 2023 legte die Bundesnetzagentur den „Bericht zu Stand und Entwicklung der Versorgungssicherheit im Bereich der Versorgung mit Elektrizität“ vor. Dort heißt im fettgedruckten Teil der Zusammenfassung auf Seite 7: „Dieser Bericht zeigt, dass in den gewählten Szenarien die sichere Versorgung mit Elektrizität im Zeitraum 2025 bis 2031 gewährleistet ist. Der Bericht unterstellt in den Szenarien verschiedene Entwicklungen, dazu gehört auch ein frühzeitiger Kohleausstieg bis 2030.“

Dieser Satz suggeriert – und das mit voller Absicht – dass die Menschen in Deutschland sich in Sachen ´Sicherheit der Stromversorgung` keine Gedanken machen müssen. Sogar der bis zum Jahr 2030 geplante Kohleausstieg sei ja berücksichtigt worden.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gibt diese Pressemitteilung heraus (Quelle: Auf Bild klicken):

Dort heißt es unter anderem: „Die Versorgung mit Strom ist mit den aktuellen Planungen der Bundesregierung auch im Zeitraum 2025 bis 2031 auf weiterhin hohem Niveau gewährleistet. […] Bundeswirtschaftsminister Habeck: „Es ist zentral, dass die Verbraucher und Verbraucherinnen jederzeit sicher mit Strom versorgt werden. Diese Stromversorgungssicherheit werden wir auch beim Umbau unseres Stromsystems auf 100 Prozent erneuerbaren Strom gewährleisten. Daher monitort die Bundesnetzagentur die einzelnen Schritte und Etappen sehr genau. Der heute im Kabinett verabschiedete Bericht der Bundesnetzagentur zeigt, dass die Stromnachfrage im Zeitraum von 2025 bis 2031 jederzeit sicher gedeckt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Stromverbrauch durch neue Verbraucher wie Elektromobile und Wärmepumpen deutlich steigt und der Kohleausstieg bis 2030 erfolgt. Wir sehen: Wir sind auf dem richtigen Weg. Jetzt sind Disziplin und Konsequenz gefragt. Wir treiben den Umbau unserer Energieversorgung weiter entschlossen voran. Das gilt für den Ausbau der Erneuerbaren Energien, für den Netzausbau ebenso wie die Modernisierung des Kraftwerksparks. Dazu legen wir im ersten Halbjahr dieses Jahres eine Kraftwerksstrategie auf, damit die Kraftwerke gebaut werden, die für ein klimaneutrales Stromsystem gebraucht werden. Neue Kraftwerke müssen wasserstoff-ready sein und so von Anfang an geplant werden. Entsprechend werden wir den Rahmen setzen.“ (Quelle)

Bei dieser Einschätzung der Versorgungssicherheit durch das Ministerium verwundert es nicht, dass die bundesdeutschen Medien mehrheitlich genau das berichten. Niemand erkennt die ´Pferdefüße` im Bericht der Bundesnetzagentur, die die zentrale Aussage zu Makulatur werden lassen. Von einer

Strom-Versorgungssicherheit kann nur ausgegangen, wenn u.a. folgende Punkte Realität werden (Quelle, Seite 8 ff):

  • […] Als Ausgangspunkt hat die Bundesnetzagentur den deutlichen Ausbau der erneuerbaren Energien (Wind Onshore, Wind Offshore und Photovoltaik) in Deutschland von ca. 123 GW (2021) auf 360 GW (2030) bzw. 386 GW (2031) gemäß Osterpaket unterstellt. […]
  • […] Für steuerbare Kapazitäten zeigt dieser Bericht, dass bei Beibehaltung des heutigen Marktdesigns ein Zubau von Gaskraftwerken (H2-ready), die Erschließung von „Netzersatzanlagen“ und die Bereitstellung von Lastreduktions- und Lastverschiebepotential bis 2030 bzw. 2031 in Deutschland die Versorgungssicherheit zu den geringsten Kosten gewährleisten würde. Zur Realisierung der erforderlichen Zubauten mit klimafreundlicher steuerbarer Stromerzeugung bestehen bereits erste Förderregime nach EEG für Biomasse und KWKG (für H2-ready-Erdgasakraftwerke und Kohleersatzbonus). Zusätzlich sollen im Rahmen des aktuellen EEG zudem insgesamt 8,8 GW Kapazität Wasserstoffkraftwerken gefördert werden, die in den hier zugrunde gelegten Szenarien noch nicht berücksichtigt wurden und somit einen Beitrag zum erforderlichen Kraftwerksneubau leisten können. Es ist darauf zu achten, dass die Anlagen rechtzeitig bis Ende des Jahrzehnts einsatzbereit sind, um einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten zu können. […]
  • Investitionen in Gaskraftwerke (die zukünftig auch H2-ready sein sollen), werden zwar in der akuten Gasversorgungskrise nicht zurückgestellt, mittelfristig sind diese aber unter der Voraussetzung, dass entsprechende LNG-Kapazitäten geschaffen werden und sich die Preise wieder normalisieren, weiterhin sinnvoll. Entscheidend ist dabei, und das zeigen die Berechnungen, dass der Ausbau der Kapazität nicht gleichzusetzen ist mit einer höheren Gasverstromung. […]

Warum dann der Ausbau der Kapazität Gaskraftwerke, wenn sie nicht zur Verstromung eingesetzt werden sollen? Selbstverständlich werden sie gebaut, um Gas zu verstromen. Die Ausbauten von LNG-Kapazitäten und Preissenkungen widersprechen sich zumindest bei den Gestehungskosten. Nichts ist teurer und umweltschädlicher als der Kauf und die Verstromung von LNG, wenn man den gesamten Herstellungsprozess LNG (Fracking über die Verflüssigung, den Transport mit Schwerölschiffen und die Re-Gasifizierung) betrachtet. Es entweicht Methan in die Umwelt, die Energieverluste sind gewaltig. Da wäre es unseres Erachtens klüger, preiswerter und weniger klimaschädlich, weiter heimische Braunkohle zu verstromen. Zumal dann viel weniger Gaskraftwerke neu gebaut werden müssten.

Wie sähe die Strom-Realität im Jahr 2031 aus, wenn man die Wetterverhältnisse des bisherigen Jahres 2023 zugrunde legt. Das Agora-Zukunftsmeter gibt Aufschluss: Die Stromerzeugungswelt bei einem rechnerischen Ausbaugrad „Erneuerbare“ von 81% im Jahr 2031.

Quelle

Um einen besseren Überblick zu bekommen, empfehlen wir die Originalseite aufzurufen. Sie sehen die jeweiligen Werte, wenn Sie mit der Maus über den Bildschirm fahren. Wenn Sie die Residuallast am oberen Rand des Charts ablesen möchten, entfernen Sie die „Zukünftige Nachfrage (flexibilisiert)“ per Mausklick. Mit den „flexibilisiert“ wird bereits diskret angedeutet, dass bei zu geringer regenerativer Stromerzeugung ggf. Verbraucher vom Stromnetz genommen werden. Das können Ladestationen von E-Autos oder Wärmepumpen, aber auch – wie bereits heute – Lastabwürfe geeigneter stromintensiver Industrieunternehmen sein. Wir befürchten sogar die gesteuerte Abschaltung mehr oder weniger großer Städte und/oder Regionen (Brownout). Wenn – aus welchen Gründen auch immer – nicht genügend elektrische Energie vorhanden ist, muss sie rationiert werden. Weil Strom in den benötigten Mengen nicht gespeichert werden kann, und weil Strom immer genau dann produziert werden muss, wenn er benötigt wird, wird es zu Rationierungen kommen. Eine Auflösung des Agora-Zukunftschart 23.1. bis 25.1.2023 zeigt deutlich, dass zum Beispiel am 24. Januar mehrmals über 70 Gigawatt (GW) Strom zur Deckung des Bedarfs notwendig sind. Aktuell beläuft sich die installierte Leistung Gasverstromung auf 31 GW. Der Rest fossiler Kraftwerke wurde abgeschaltet. Ohne alle Reserven und sonstigen Sicherheitsaspekten, dafür auch ohne mögliche Stromimporte wären kurz und gut 43 thermische Großkraftwerke à 1 GW Leistung bis 2031 zu bauen, um den Strombedarf Deutschlands am 24.1.2031 zu decken. Oder der Strom wird eben rationiert. Ob das dann die „Sichere Versorgung mit Strom bis Ende des Jahrzehnts“ ist, welche von Bundesnetzagentur, Klimaministerium und Bundesregierung angepriesen wird, wird von uns stark angezweifelt. Und nicht nur von uns.

Die  am 6. März erschienene Pressemitteilung zum McKinsey Energiewendeindex : Versorgungssicherheit unter Spannung kommt zu dieser Einschätzung: „Die historisch stabile Stromversorgung in Deutschland gerät unter Spannung: Die verfügbare Leistung zu Spitzenlastzeiten sinkt durch den Plan, aus Kernkraft und aus allen fossilen Energien auszusteigen, von heute 99 GW auf 90 GW im Jahr 2030. Und dies bei insgesamt steigender Spitzenlast, die 2030 auf bis zu 120 GW ansteigt. Damit droht eine Stromlücke von bis zu 30 GW im Jahr 2030 – dies entspricht umgerechnet etwa 30 thermischen Großkraftwerken. Hebel auf der Angebotsseite wie der massive Ausbau von Erneuerbaren reichen allein nicht aus, falls nicht zusätzlich noch neue Gaskraftwerke gebaut werden und der temporäre Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken erwogen wird. […]“

McKinsey verfolgt einen etwas anderen Analyse- Ansatz, als wir oben, kommt aber zu einem ähnlichen Ergebnis. 30 thermische Großkraftwerke bis 2030 müssen gebaut werden. Sonst wird es eng.

Der halbjährlich erscheinende Energiewendeindex (Komplette Fassung H1 &2/2022 vom März 2023), fast die Situation so zusammen: „Standen im Jahr 2010 noch 105 GW zur Verfügung, waren es Ende 2022 noch 90 GW. Bleibt es bei den Ausstiegsplänen aus Kohle und Kernkraft, könnten es bis 2025 nur noch 80 GW und bis zum Ende des Jahrzehnts 70 GW sein. Addiert man zusätzlich die Kapazität aus erneuerbaren Energien (EE), die statistisch im Bedarfsfall zur Verfügung steht, beträgt die verfügbare Leistung zu Spitzenlastzeiten 99 GW (2022(, 92 GW (2025) und 90 GW (2030) – vorausgesetzt, die hoch ambitionierten Ausbauziele der Bundesregierung für die Erneuerbaren Energien werden erreicht. Vahlenkamp: ‚Spitzenreiter war gestern – die Kombination aus sinkender gesicherter Kapazität und durch die Elektrifizierung steigender Spitzenlast kann zu Versorgungslücken führen. Selbst bei einem flächendeckenden Umstieg auf Erneuerbare sind weitere Maßnahmenhebel nötig, um das System zu stabilisieren.‘ “

Die Analysen von McKinsey sind ausführlich und detailliert. Sie korrelieren im Bereich ‚Versorgungssicherheit Strom bis 2030‘ nicht mit den „Alles im grünen Bereich und sicher …, wenn …“ – Geschichten, welche Bundesnetzagentur und Bundesregierung kommunizieren (lassen). Damit wird in weiten Teilen der Bevölkerung eine trügerische Sicherheit hervorgerufen, die den Verantwortlichen unseres Erachtens später, wenn der Schwindel auffliegt, schwer vor die Füße fallen wird. Dann, wenn die ersten Brownouts geschaltet werden, weil der Strom nicht ausreicht, um die Nachfrage zu decken. Genau da liegt der Grund für die Verschleierung der energiepolitischen Notwendigkeiten. Die Energiewende beinhaltet zwangsläufig den Paradigmenwechsel von „nachfrageorientiert“ hin zu „angebotsorientiert“. Daraus machen die Grünen keinen Hehl. So meinte die damalige Vorsitzende des Umweltausschusses des Bundestages Sylvia Kotting-Uhl (Grüne) am 14.4.2021:

Quelle Ausschnitt & komplette Rede plus ganzer TOP im Bundestag

Jetzt, in Regierungsverantwortung, trauen sich die Energiewende-Verantwortlichen nicht, die Folgen ihres Handelns für die Bevölkerung klar zu formulieren. Der massive Ausbau regenerativer Kraftwerke auf 80% rechnerischer Leistung, der Zubau von 20, 20 oder mehr thermischen Großkraftwerken à 1.000 MW Leistung bis 2030, all´ das sind Hirngespinste. Es gibt weder die Rohstoffe zum Bau, zum Betrieb der Kraftwerke noch  die Manpower zur Erstellung der Anlagen und schon gar nicht das viele Kapital, das benötigt würde. Bis zum Jahr 2030/31 sind es noch ein paar Jahre. Die Verantwortlichen wissen genau, dass die Ziele nicht erreicht werden können. Wissen sie es nicht, ist die mental-intellektuelle Lage noch viel bedenklicher als ohnehin angenommen.

Zum Schluss möchten wir noch auf eine aufschlussreiche Analyse (zugrunde liegende Studie) des ‚zvei‚ hinweisen. Diese beschäftigt sich in erster Linie mit den Notwendigkeiten, die im Bereich der Stromnetze im Rahmen der Energiewende ergeben.

*Detaillierte Informationen in der Dokumentation zum Agora Zukunftsmeter, Seite 6.

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