Gewinner und Verlierer der Netzkosten-Umverteilung
Vor kurzem haben unsere Experten die Netzentgelte der Verteilnetzbetreiber (VNB) untersucht und ein komplexes Bild der Energiekostenverteilung aufgedeckt. Konkret: Die aktuellen regulatorischen und netztechnischen Entwicklungen zeitigen tiefgreifende Auswirkungen auf die Nutzer des deutschen Stromnetzes.
Die Rolle der Bundesnetzagentur und neue Regelungen
Ein zentraler Punkt der Studie ist die Entscheidung der Bundesnetzagentur (BNetzA) zur „Verteilung von Mehrkosten der Netze aus der Integration von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien“. Die BNetzA hat Maßnahmen ergriffen, um besonders belastete Verteilnetze zu entlasten, die durch den Ausbau erneuerbarer Energien höhere Kosten tragen. Diese Kosten werden jedoch nicht aufgehoben, sondern umverteilt: Die Allgemeinheit, und hier insbesondere Haushaltskunden, trägt durch die § 19 StromNEV-Umlage (ab 2025: „Aufschlag für besondere Netznutzung“) eine größere finanzielle Last..
Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB): Erste Prognosen für 2025
Die vorläufigen Netzentgelte der ÜNB für 2025, veröffentlicht Anfang Oktober, zeigen eine durchschnittliche Erhöhung der Netzentgelte im Höchstspannungsbereich (HöS) und in der Umspannung zur Hochspannung (HöS/HS) um 3,4 % im Vergleich zu 2024.
Stabile, aber ungleich verteilte Netzentgelte bei VNB
Unsere Analyse von 23 relevanten Verteilnetzbetreibern, die deren Erlösobergrenzen und Netztopologie berücksichtigte, zeigt, dass die durchschnittlichen Netzentgelte für 2025 weitgehend stabil bleiben. Im Hochspannungsbereich (HS) gibt es kaum Veränderungen, und in der Umspannebene Hochspannung/Mittelspannung (HS/MS) wird ein leichter Rückgang um etwa 1 % erwartet. Die Mittelspannung (MS) verzeichnet eine durchschnittliche Senkung der Netzentgelte um rund 4 %. Doch diese scheinbare Stabilität verdeckt tiefere Probleme.
Gewinner und Verlierer der Umverteilung
Die Umverteilung schafft klare Gewinner und Verlierer. VNB, die stark in erneuerbare Energien investieren und von der BNetzA-Regelung profitieren, können ihre Netzkosten senken. Gleichzeitig müssen Netznutzer in weniger begünstigten Verteilnetzen höhere Entgelte zahlen. Die erhoffte „Atempause“ nach dem Anstieg der Netzentgelte 2024 bleibt daher für viele aus: Eine weitere Steigerung um rund 10 % belastet diese Netznutzer auch 2025.
Massive Unterschiede in der Netztopologie
Ein weiteres Untersuchungsergebnis ist die ungleiche Entwicklung zwischen urban und ländlichen Netzen. Urbane VNB sehen sich gezwungen, ihre Netzentgelte deutlich anzuheben, während ländliche Netze entweder geringere Steigerungen verzeichnen oder sogar von der Umverteilung profitieren. Die erwartete Angleichung der Netzentgelte hat sich somit nicht erfüllt. Im Gegenteil: Die Differenz zwischen den höchsten und niedrigsten Entgelten wächst weiter.
Haushaltskunden als Hauptverlierer
Ebenso zeigt sich eine übermäßige Belastung der Haushaltskunden. Denn während energieintensive Unternehmen durch eine Deckelung ihrer Kosten nur eingeschränkt von der § 19 StromNEV-Umlage betroffen sind, müssen Haushaltskunden die voraussichtlich stark ansteigende Umlage voll tragen. Diese Schieflage in der Kostenverteilung wird viele Privathaushalte vor finanzielle Herausforderungen stellen.
Prognose: Flächendeckende Steigerung ab 2026?
Die Umverteilung der Netzkosten durch die BNetzA-Regelung könnte sich als temporäre Maßnahme erweisen. Es ist sogar zu erwarten, dass ab 2026 die Netzentgelte flächendeckend steigen werden. Damit zeichnet sich ein langfristiger Trend ab, der weitere Unsicherheiten für Netznutzer bedeutet und eine nachhaltige Lösung dringend erforderlich macht.
Für eine tiefere Auseinandersetzung mit den Untersuchungsergebnissen und zur Diskussion über mögliche Gestaltungsmöglichkeiten der Netzentgelte steht Ihnen unser Team gerne zur Verfügung.