Energiewende & der „Zauberstoff“ der Energiewende – Wasserstoff – Teil 1

05.05.2023 enexion

Das chemische Element ´Wasserstoff` ist in aller Munde. Insbesondere die Energie- und Wärmewende-Politik der aktuellen Ampel-Regierung setzt auf „Wasserstoff“. Räumt dieses Element doch Hindernisse der Durchsetzbarkeit für die Pläne insbesondere der Wärmewende der Grünen aus dem Weg. Stichwort ist die von der FDP geforderte Technologieoffenheit. Es soll eben nicht nur eine Technik, die Wärmepumpentechnik, die Heizung der Zukunft sein. Auch bestehende Gasheizungen, die so umgebaut werden, dass sie Wasserstoff verheizen können oder H2-ready-Gasheiszungen beim Neueinbau in Alt- oder Neubauten sollen geeignet sein, die Klimaschutzvorgaben von mindestens 65 Prozent Verbrauch regenerativ hergestellter Energie beim Heizen zu erfüllen und so dazu beitragen, die Wärmewende „bürgerfreundlicher“ zu gestalten.

Mit der Verwendung von regenerativ erzeugtem Strom bei der Herstellung von ´Grünem Wasserstoff“ für Gasheizungen werde das möglich, so die Befürworter dieses Weges. Auch wenn nur ein Teil grüner Wasserstoff beim Verbraucher ankäme.  Eine SPIEGEL-Grafik* veranschaulicht den Prozess

Quelle

Ob es sich tatsächlich um die von der FDP geforderte Technologieoffenheit handelt, oder ob das Heizen mit Wasserstoff lediglich eine theoretische Möglichkeit im Rahmen der Durchsetzung der Wärmewende ist, werden wir in Teil 2 dieses Artikels untersuchen.

In Teil 1 beschäftigen wir uns mit dem Element Wasserstoff an sich. Es ist 15 x leichter als Luft und 8 x leichter als Methan, das in Deutschland auch Erdgas genannt wird. In Verbindung mit Luft ist Wasserstoff explosiv und damit hochgefährlich. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung, die Explosionen in Fukushima seien „Atomexplosionen“ gewesen, handelte es sich um Wasserstoffexplosionen.

Ausschnitt-Quelle: ZDF-Dokumentation zu Fukushima – Der ewige Gau?

Um Wasserstoff zu transportieren, zu speichern und zu tanken sind höchste Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Das betrifft Material und das Handling.

Im nächsten Video* wird kurz und knapp erläutert, wie die Herstellung und Speicherung von „Grünem Wasserstoff“ funktioniert.

Quelle

Bemerkenswert ist, dass im Video die Wasserstoffherstellung mittels Kernkraftstrom erwähnt und auf die annähernde CO2-Freiheit hingewiesen wird. Diese Option hat die Politik für Deutschland mit dem endgültigen „Atomausstieg“ für die nächsten Jahre, Jahrzehnte ausgeschlossen.

Grüner Wasserstoff muss in Deutschland mit grünem, mit Wind- und PV-Strom erzeugt werden. Der aber sollte in erster Linie die allgemeine Stromversorgung immer ´grüner` machen. Was nichts anderes bedeutet, dass der Anteil grünen Stroms an der Gesamtstromerzeugung wachsen soll. Der liegt aktuell noch unter 50 Prozent der Gesamtstromerzeugung. Geplant sind bis zum Jahr 20300 satte 80% Anteil grünen Stroms an der Gesamtproduktion. Deshalb soll ein „massiver“ Zubau von Windkraft und PV-Anlagen erfolgen. Den aufwendig erzeugten Strom mit viel Energieverlusten für die Wasserstoffherstellung zu verwenden ist nicht zielführend. Weder was die Effizienz noch was die CO2-Ersparnis anbelangt.

Wasserstoff kommt in der Natur in reiner Form praktisch nicht vor. Er muss mittels vorhandener fossiler Energieträger, oder mittels des sekundären Energieträgers Strom (grüner Strom oder – überall außer in Deutschland – per Kernenergiestrom) im Elektrolyseverfahren hergestellt werden. Deshalb ist Wasserstoff weniger Energieträger als Energiespeicher. Bei der Transformation des grünen Stroms und der Verfügbarmachung des Wasserstoffs in welcher Form auch immer entstehen erhebliche Energieverluste. Es kann generell festgestellt werden, dass überall da, wo elektrische Energie, kurz Strom, ohne transformatorische Umwege als „Treibstoff“, als „Heizungsenergie“ usw.  direkt eingesetzt und genutzt werden kann, dies auch geschehen sollte. Nur da, wo der Einsatz von Strom tatsächlich nicht sinnvoll oder unmöglich ist, wäre der Einsatz von Wasserstoff angezeigt.

Schon im Jahr 2003 wurden von Dr. Ulf Bossel Wasserstoff-Grundlagen erforscht, bereits im Jahr 2008, als BMW und Mercedes mit H2-Fahrzeugen experimentierten, gab der Gelehrte dieses Interview, im Jahr 2010 skizzierte der Wissenschaftler und Maschinenbauer  die „Energievernichtungskaskade“ mit dem „typischen Energiebedarf für Erzeugung, Kompression bzw. Verflüssigung, Transport und Nutzung von Wasserstoff“. Am 24. April 2023 wurde Prof. Bossel 87 Jahre alt. Er erfreut sich bester Gesundheit und erläuterte uns in einem Gratulations-Telefonat, dass sich an den Werten der „Kaskade“ und dem Energiebedarf für die Wasserstoffherstellung, Kompression usw.  nichts wesentlich geändert hat. Die Energieverluste seien weiterhin erheblich.

„Auch die heutige Energieversorgung ist nicht frei von Verlusten. Zwischen Ölquelle und Tankstelle werden 8 bis 12 % der sprudelnden Energie für Förderung, Raffinierung und Transport benötigt. Bei Wasserstoff gehen jedoch von der Elektrolyse bis zur Wasserstofftankstelle mindestens 50 % verloren oder müssen für Kompression, Verflüssigung, Transport, Umfüllen usw. aufgewendet werden. Noch schlimmer wird es bei einer Rückverstromung des Wasserstoffs. Selbst mit effizienten Brennstoffzellen stehen dem Verbraucher nur etwa 25 % des ursprünglich eingesetzten Stroms zur Nutzung zur Verfügung. Bei direkter Verteilung könnte der Verbraucher jedoch etwa 90 % des Stroms nutzen. Die in Abbildung 1 gezeigte Verlustkaskade ist für die Wasserstoffwirtschaft repräsentativ. …

… Die Besonderheiten des Wasserstoffs

 
Wasserstoff ist kein Gas wie jedes andere. Aufgrund seiner physikalischen Merkmale unterscheidet er sich deutlich von Erdgas (Methan) oder Luft. Wasserstoff ist 8mal leichter als Methan (Erdgas) und 15mal leichter als Luft. Um diese Gase auf 200 bar zu komprimieren, werden etwa 13,8 MJ/kg für Wasserstoff, 1,4 MJ/kg für Methan, aber nur 0,9 MJ/kg für Luft benötigt. Bei Wasserstoff verschlingt die Kompression etwa 9 %, bei Methan nur 2,5 % des Energieinhalts des jeweiligen Gases. Bei 200 bar sind in einem Liter Wasserstoff 2,6 MJ, in Erdgas jedoch 8,0 MJ oder über dreimal mehr Energie enthalten. Benzin enthält mit 33,8 MJ/Liter sogar 13mal mehr Energie als der auf 200 bar komprimierte Wasserstoff. Brennstoffzellenautos haben mit Wasserstoff (Tankdruck 350 bar) gefüllt, eine Reichweite von 250 km. Bei gleichem Druck, aber mit Erdgas befüllt, würde die getankte Energie im Erdgasauto Fahrten bis 500 km erlauben. Wasserstoff lässt sich am besten als Kohlenwasserstoff speichern oder transportieren. Ein Kubikmeter flüssiger Wasserstoff wiegt nur 70 kg und ist damit etwas schwerer als Styropor. Aber ein Kubikmeter Benzin wiegt 700 kg (und enthält 128 kg Wasserstoff). Entsprechend unterschiedlich ist der obere Heizwert (Ho): 33,8 MJ pro Liter Benzin, aber nur 9,9 MJ pro Liter Flüssigwasserstoff. […]“

Quelle Zitat (S.6), Grafik & Tabelle (S.5)

Das weltweit tätige Unternehmen Linde

… ist ein führendes Industriegas- und Ingenieursunternehmen. Linde beschäftigt sich intensiv mit Energiespeichern, unter anderem auch mit Wasserstoff. Das Sicherheitsdatenblatt belegt, dass Wasserstoff kein harmloses Gas ist, sondern bestimmungsgemäß gehandhabt werden muss. Geschieht das, dann ist Wasserstoff

– nicht detonativ im Freien
– nicht zerfallsfähig
– nicht selbstentzündlich
– nicht oxidierend, nicht brandfördernd
– nicht giftig
– nicht korrosiv
– nicht radioaktiv
– nicht übelriechend
– nicht ansteckend
– nicht wassergefährdend
– nicht fruchtschädigend
– nicht krebserzeugend

  • Wasserstoff ist leichter als Luft und entweicht
    schnell nach oben.
  • Wasserstoff hat einen hohen Diffusionskoeffizienten (viermal größer als Methan) und verdünnt sich rasch in Luft.
  • Wasserstoff hat deutlich engere Detonations-
    als Explosionsgrenzen – bei früher Zündung
    brennt er, bevor die Detonationsgrenzen erreicht
    werden.
  • Wasserstoff brennt mit unsichtbarer Flamme, die
    sehr wenig Wärme abstrahlt.
    Wasserstoff ist farb- und geruchlos

Quelle

Die gleiche Quelle enthält ein Wasserstoff-Datenblatt, welches Rechnen und Umrechnungen mit Wasserstoff vereinfacht.

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Im zweiten Teil werden wir uns ausführlich mit Detailfragen zur Wasserstofferzeugung und vielem mehr befassen. Wir behandeln die entscheidende Frage nach der Klimaschutzwirkung von Wasserstoff und beantworten die Frage, ob Heizungen, die mit Wasserstoff betrieben werden können, tatsächlich hilfreich sind, oder ob sie nur ein Art Trojanisches Pferd für eine de facto nicht vorhandene Technologieoffenheit sind. Ein Trojanisches Pferd, das ausschließlich Wärmepumpen beinhaltet.

*Quellen

SPIEGEL online

Merkur.de

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