Energiewende & Deutschland wird Stromimporteur & mehr

22.06.2023 enexion

Lange Jahre haben die Verfechter der Energiewende darauf hingewiesen, dass Deutschlands Bürger schon deswegen wegen der Strom-Versorgungssicherheit keine Sorge haben müssten, wenn weniger Strom konventionell erzeugt wird, weil das Land jedes Jahr eine große Menge Strom in das benachbarte Ausland exportiere und so dazu beitrage, dass die europäische Stromversorgung insgesamt gesichert sei. Dabei wird häufig vorausgesetzt, dass der überschüssige Exportstrom regenerativ erzeugt worden sei. Nicht so Prof. Schellnhuber, ehemals Chef des PIK, der schon 2017 eindeutig sagt, dass der exportierte Strom ´Braunkohlestrom` sei:

Das hat sich bis heute nicht geändert. Nur, dass es sich nicht nur um Braunkohlestrom, sondern um fossil erzeugten Strom handelt. Der Grund für die Strom-Übererzeugung liegt in erster Linie in der Stabilisierung der Netzfrequenz auf 50 Hz, wenn die regenerative Stromerzeugung per Wind und PV sehr stark ist und mit Laufwasser- und Biomassenstrom 90 Prozent und mehr des Bedarfs erreicht, müssen konventionelle Kraftwerke mit großen Generatoren insgesamt um die 25 Prozent der Gesamtproduktion liefern. Sonst wäre die Versorgungssicherheit gefährdet. Das Stromnetz könnte zusammenbrechen. Der zwangsläufig entstehende Stromüberschuss ist nahezu immer konventionell. Nur wenige Stunden (Beispiel) pro Jahr übersteigt die regenerative Stromproduktion den Strombedarf in Deutschland. Fast immer muss der regenerative Strom konventionell, sprich fossil zwecks Bedarfsdeckung ergänzt werden. Hinzu kommt, dass durch die Volatilität von Wind- und PV-Strom die konventionellen Erzeuger häufig im Voraus spekulieren müssen, wieviel Strom zu welchem Zeitpunkt, in welchem Zeitraum wahrscheinlich von ihnen benötigt wird, um den dank jahrzehntelanger Erfahrung recht gut kalkulierbare Bedarf zu decken. Da wird dann lieber etwas mehr Strom erzeugt, als am Ende benötigt wird. Bei der Kalkulation der in der nahen Zukunft zu erzeugenden Strommenge spielt der ökonomische Aspekt selbstverständlich eine wichtige Rolle. Genau aus diesem Grund kommt es zum Beispiel sehr häufig zur sogenannten „Strom-Vorabendlücke“. Wenn die PV-Stromerzeugung nachlässt und die Windstromerzeugung nicht ausreicht, um die Lücke zum Bedarf am Vorabend zu decken, müssten die konventionellen Stromerzeuger diese Lücke schließen. Weil große Kraftwerke aber keinesfalls auf Knopfdruck sofort Strom liefern, wäre bereits zu der Zeit, wenn die PV-Stromerzeugung noch hoch ist, zusätzlicher Strom im Markt. Das würde die Preise erheblich Richtung weniger Ertrag belasten. Kurz: Die konventionellen bräuchten mehr Ressourcen, hätten höhere Kosten. Nur um einen recht kurzen Zeitraum abzudecken. Also wird sichergestellt, dass genügend Strom aus dem benachbarten Ausland zur Verfügung steht, der dann entsprechend hochpreisig eingekauft wird. Das Beispiel aus dem Jahr 2020 (vor Corona & Ukraine) bildet mehrere Aspekte gut ab.

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1.  Generell bewegen sich die Strompreise auf einem damals normalen, einem niedrigen Niveau. Ein ´hoher` Strompreis ist im Verhältnis zu heute niedrig.

2. Die ersten beiden Tage der Woche  illustrieren die Vorabendlücke. Der Strombedarf steigt: Obwohl die Windstromerzeugung ansteigt die Pumpspeicherkraftwerke (pink) sofort Strom liefern, muss Strom importiert werden. Fast alle anderen Kraftwerke produzieren gleichförmig. Ausnahme Braunkohle. Die Erzeugung nimmt während der PV-Stromproduktion ab und zieht zur Vorabendlücke wieder an, kann sie aber nicht verhindern. Das wäre nur möglich gewesen, wenn noch zusätzliche Kraftwerke bereits während der noch starken PV-Stromerzeugung mit der Stromerzeugung begonnen hätten. Das wiederum hätte zum Strom-Überangebot und zu noch stärker sinkenden Preisen als ohnehin geführt.

3. An den nächsten beiden Tagen ist fast kein Stromimport notwendig. Dennoch steigt der Preis, den diesmal fast ausschließlich deutsche Stromerzeuger vereinnahmen, stark. Zum Vorabend ist die Nachfrage nach Strom regelmäßig hoch. Deshalb der Strompreisanstieg. Erzeugungsbewegung ist wieder nur im Pumpspeicher- und Braunkohlebereich in nennenswerter Höhe auszumachen.

4. Tag fünf und sechs erfordern keinen Stromimport. Zum Vorabend zieht die Windstromerzeugung an. Zusammen mit der erhöhten konventionellen Produktion „Pumpspeicher, Braunkohle“ wird der Bedarf auch zu Vorabend abgedeckt. Wobei der Bedarf zum Wochenendbeginn, dem Samstag sinkt. Was trotz des Drosseln – sogar bei der Kernkraft – der konventionellen Erzeugung einen Preisverfall über die Mittagsspitze hat. Der Strom Deutschland wird in der Zeit praktisch verschenkt.  Das nutzen einige unserer Nachbarn zu einem bewährten Geschäftsmodell. Billig einkaufen, teuer verkaufen. 

5. Am Sonntag unserer Beispielwoche wird in Deutschland noch weniger Strom nachgefragt als am Samstag. Dafür steigt die Windstromerzeugung bereits über Mittag kräftig an, so dass es zu einer Strom-Übererzeugung kommt.  Die konventionelle Stromerzeugung wird zwar auf das notwendige Mindestmaß (Die Netzstabilität erfordert 25 Prozent der Gesamt-Stromproduktion mittels großer Generatoren) heruntergefahren. Es zu dennoch viel Strom im Markt. Dieser wird nur abgenommen, wenn er nicht nur verschenkt (10:00 Uhr), sondern auch noch ein Bonus (ab 11:00 Uhr bis 17:00 Uhr mitgegeben wird.

Deutschlands Wandel vom Strom-Exportland zum Netto-Strom-Importeur

Deutschland importiert seit dem Sommer 2019 regelmäßig Strom aus dem benachbarten Ausland. Das geschieht vor allem aus 1. ökonomischen Gründen. Und selbstverständlich aus 2. CO2-Gründen.

Importierter Strom verringert die deutsche konventionell-fossile Stromerzeugung. Die Stromproduzenten sparen Ressourcen. Auch bekommen sie einen höheren Preis für die geringere Menge erzeugten Strom. Denn der Stromimport kostet mehr, als wenn die Stromlücken mit deutschem Strom geschlossen würden.

Das CO2, welches bei der Stromerzeugung im Ausland anfällt, wird dem jeweiligen Erzeugerland zugeschlagen. Der importierte Strom ist auf dem Papier für Deutschland CO2-frei. Was selbstverständlich auch umgekehrt gilt. Das CO2, welches beim Exportstrom Deutschlands anfällt, wird in vollem Umfang Deutschland zugeordnet.

Eine detaillierte vergleichende Analyse der Stromimporte/Stromexporte ist mit dem Analysetool www.stromdaten.info sowohl grafisch als auch wertemäßig möglich. Wir beschränken uns in diesem Artikel auf einen 62 Tagezeitraum vor und nach dem Ausstieg aus der Kernkraft am 15.4.2023 um etwa 23:55 Uhr plus Vergleich des gleichen Zeitraums im Jahr 2022. Die Stromimporte sind in den vergangenen Jahren ab Mitte April immer angestiegen. Die Gründe wurden oben dargelegt: CO2-Ersparnis für Deutschland & Gewinnmaximierung.

Zeitraum 13. Februar bis 16. Juni 2022

Vergrößern & Quelle Chart / Quelle Werte vor Ausstieg/nach Ausstieg KKW

Der Anstieg des Stromimports ab Mitte April gegenüber dem ausgewählten Zeitraum davor ist gut zu erkennen. Ein Blick auf die Werte belegt den Anstieg.

Zeitraum 13. Februar bis 16. Juni 2023

Vergrößern & Quelle Chart / Quelle Werte vor Ausstieg/nach Ausstieg KKW

Angenommen der importierte Strom ab dem 16.4.2023 hätte  komplett – fossil – von Deutschland erzeugt werden müssen, weil kein überschüssiger Nachbar-Strom  vorhanden gewesen wäre. Was hätte das zur Folge gehabt? Die Strom-Preise insgesamt wären gesunken. Der CO2-Ausstoß Deutschland wär gestiegen. Rechnet man 0,4 kg Steinkohle, die zwecks Erzeugung einer kWh Strom benötigt werden, sieht die Rechnung so aus:

6,271 TWh Strom wurden in den zwei Monaten vom 16.4. bis zum 16.6.2023 netto importiert. Das entspricht 6.271.000.000 kWh. Um diesen Strom mittels Steinkohle zu erzeugen, werden insgesamt

2.508.400 Tonnen Steinkohle 

benötigt. Das Verbrennen dieser Menge Steinkohle erzeugt

2.433.148 Tonnen CO2

Das ist u. E. schon eine ganze Menge CO2 , die da rein rechnerisch durch den Stromimport eingespart wird.  In zwei Monaten. Im Sommer. Im Herbst Winter sieht die „Strom-Importfront“ vollkommen anders aus. Da können  unsere Nachbarn kaum solch eine Menge überschüssigen Strom für Deutschland herstellen, Deutschland praktisch mitversorgen. Sie werden den Strom selbst benötigen.

Bleibt die Frage nach der Anzahl der benötigen Windkraftanlagen und Solarzellen-Quadratmeter, die notwendig sind, um die in zwei Monaten importierte Menge Strom auch tatsächlich in zwei Monaten zumindest im Durschnitt zu erzeugen. Es muss diese Zahl von regenerativen Anlagen installiert werden.

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In den verbleibenden 10 Monaten wird importierter Strom ebenfalls ersetzt, oder, fällt dieser in geringerem Umfang als im Untersuchungszeitraum an, wird konventionell erzeugter Strom in entsprechendem Umfang nicht mehr nötig. Allerdings immer nur, wenn tatsächlich genug Wind weht und/oder die Sonne scheint. Sonst fällt trotz des Zubaus immer noch importierter Strom an. Oder eben in Deutschland konventionell erzeugter Strom.

Zum Schluss möchten wir auf eine bemerkenswerte Untersuchung von Dr. Joachim Dengler zum Thema „CO2-Emissionen und CO2-Absorptionen“ hinweisen.

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