Energiewende & die physikalische Grenze der Windstromgewinnung in Deutschland

31.03.2023 enexion

Vorab zwei ´Energiewende-Experten`

Reicht das Windaufkommen für die Energiewende?

 
Prof. Gerhard Ganteför ist sehr aktiv in Sachen Klima, Klimawandel, Energiewende und vielem mehr. Er ist Physiker und versteht es, komplizierte Sachverhalte oft so darzustellen, dass auch ein naturwissenschaftlicher Laie die Dinge versteht. Es wundert selbstverständlich nicht, dass der Professor auch schon mal daneben liegt. Nicht, dass er falsch rechnet. Manche seiner Interpretationen lässt allerdings zu wünschen übrig. So bringt Prof. Ganteför manche Sachverhalte zu allgemeingültig rüber. In seinem Video “ Ist WIND eine unerschöpfliche Energiequelle? | #54 Energie und Klima“, aus dem alle Ausschnitte unten entnommen sind, erläutert der Professor zunächst die „Die Windenergie als Erfolgsstory der deutschen Energiewende“.

Das ist maßlos übertrieben. Wenn die Erneuerbaren für ein, zwei Stunden an der Strom-Bedarfslinie „kratzen“ und auf der anderen Seite lange Dunkelflautenzeiten, die der Professor später erwähnt, vorherrschen, kann kaum von einer „Erfolgsstory“ gesprochen werden. Im bisherigen Winterzeitraum des Jahres 2023 (1.1. bis zum 20.3.2023) hatte Windstromerzeugung  On- und Offshore einen Anteil am Strom-Mix von 29,7% und einen Volllastanteil von 30,4%. Das war trotz weniger WKA in der Vergangenheit schon wesentlich besser. Ein Blick auf den kompletten Januar 2023 bei Agora Energiewende belegt, dass die konventionelle Stromerzeugung immer und dringend zur Deckung des Bedarfs benötigt wird. Der Hinweis des Professors auf den Standby-Betrieb und eine damit verbundene Strom-Übererzeugung ist einfach nur Unfug.

Quelle & Vergrößern

Damit das Stromnetz stabil bei 50 Hertz Netzfrequenz bleibt, ist konventionelle Stromerzeugung auch als Systemdienstleistung mittels großer Generatoren notwendig. Denn: Gibt es viel Wind- und/oder PV-Strom, der 85, 90 oder mehr Prozent des Bedarfs abdeckt, muss der konventionelle Strom zum einen hinzu erzeugt werden, damit der Strombedarf gedeckt wird, zum anderen in der Menge generiert werden, dass etwa 25% der Strom-Gesamtproduktion unabhängig vom Bedarf konventioneller Groß-Generatorenstrom ist. Dass damit die Bedarfslinie überschritten wird, leuchtet ein. In der Zeit, wo wenig regenerativ erzeugter Strom anfällt und deshalb ohnehin viel Strom konventionell erzeugt werden muss, kommt es oft sogar zu – aus ökonomischen Gründen beabsichtigten –  Stromlücken, die per Stromimport – hochpreisig – gedeckt werden müssen. Hohe Preise, die alle Stromerzeuger erhalten. Warum also sollten die konventionellen Stromerzeuger die Lücken selbst schließen und teure Ressourcen verbrauchen, um am Ende niedrigere Preise zu erzielen?

Wie entsteht Wind und wieviel Energie enthält er?

 
Der folgende Teil wird von Prof. Ganteför anschaulich dargestellt.  Verständlich und kurzweilig erklärt er, dass die Energiemenge im Wind begrenzt ist. Wesentliche Informationen bezieht er aus einem Vortrag von Dr. Kleidon: Erneuerbare Energien – einfach nachgerechnet

 

Wieviel kinetische Windenergie kann in Deutschland „geerntet“ werden?

 

Im Jahr 2022 waren Windkraftwerke mit einer Nennleistung von 63 GW installiert. Mit dieser ´Installierten Leistung` wurde im Jahr 2022 ein Volllastanteil von 22,7% erzielt. Nicht mal ein Viertel der im Jahr 2022 theoretisch möglichen Stromausbeute Windkraft (552 TWh) wurde also tatsächlich in Strom umgesetzt. Die erzeugte Strommenge Windkraft lag 2022 insgesamt bei gut 125 TWh (von 530 TWh Nettostrombedarf 2022). Man erkennt, dass die installierte Leistung eben nur eine theoretische Möglichkeit darstellt. Nur bei optimalen (Wind-) Bedingungen an 365 Tagen, 24 Stunden lang würde die Möglichkeit tatsächlich Wirklichkeit. Faktisch aber ist es aktuell so, dass um die 25% der installierten Leistung Windkraft im Jahresdurchschnitt tatsächlich zur Transformation von kinetischer Windenergie in elektrische Energie genutzt werden (Volllastanteil). Je größer der Anteil von Offshore-WKA an der Stromerzeugung mittels Windkraft wird, desto mehr wirkt sich das auf den Gesamtjahresdurchschnitt Windstromerzeugung aus.  Offshore-WKA lieferten im Jahr 2022 36,8% Volllastanteil, während Onshore-WKA lediglich 20,7% lieferten. Ein genauerer Blick auf die Analyse 2022 und die dort ebenfalls aufgeführten vorherigen Jahre belegt, dass auch die Durchschnittwerte mehr oder weniger stark schwanken. Ein Netto-Zubau von WKA bedeutet keinesfalls, dass auch in jedem Fall mehr Strom aus Windkraft erzeugt wird. Jedenfalls nicht kurzfristig. Das zeigt der Vergleich der Jahre 2022 und 2020. Trotz zwei GW weniger installierter Leistung Windkraft wurden im Jahr 2020 gut sechs TWh mehr Windstrom erzeugt.

Wo weht der Wind in Deutschland wie stark?

 

Im Norden, auf See und an den Küsten weht der Wind am stärksten. Je weiter man Richtung Süden geht, desto mehr nimmt die Windgeschwindigkeit ab. Auch hier ist selbstverständlich von dem Durchschnitt die Rede. Es kann auch im Mittelgebirge oder auf dem Bodensee scharfer Wind vorherrschen. Doch eben nicht so oft wie im Norden Deutschlands. Deshalb ist eine gleichmäßige Verteilung von neuen Windkraftanlagen über ganz Deutschland (2% der Fläche Deutschlands) vielleicht ´gerecht` aber wenig zielführend. Im Norden Deutschlands ist gemäß Prof. Ganteför die Grenze der Windstromerzeugung bereits nahezu erreicht.

Zusammenfassung

 


 

Der Stand der Dinge:  Windkraftausbau

 
Bundeskanzler Scholz wird nicht müde, ein neues deutsches Wirtschaftswunder anzukündigen. Schließlich sollen durch die weitere Umsetzung der Energiewende Investitionen von mehreren hundert Milliarden Euro in den so genannten „Klimaschutz“ erfolgen. In Wirklichkeit soll unter dem Label des Klimaschutzes ein bestehendes, auf konventionellen Energien basierendes, Energiesystem mit „Erneuerbaren Energien“, zum überwiegenden Teil mit Windkraftanlagen und PV-Anlagen, ersetzt werden. Hinzu kommen – vielleicht – zahlreiche Backup-Kraftwerke (Gas/Wasserstoff), ein dringend erforderlicher Ausbau der Stromnetze, große Batteriespeicher als Kurzzeitspeicher (fragwürdig!) sowie Elektrolyseure für die Wasserstofferzeugung zur Langzeitspeicherung.

Erklärtes Ziel der Ampel ist es, dass bis zum Jahr 2030 80 Prozent des deutschen Stromverbrauchs mit „Erneuerbaren Energien“ erzeugt werden sollen. Dass dieser Wert lediglich einen Durchschnitt wiedergibt, wissen die Freunde der Energiewende vielleicht. Kommuniziert, inklusive der sich daraus ergebenden Folgen für die Stromwirtschaft, wird der Sachverhalt gleichwohl nicht. Um die 80 Prozent zu erreichen, ist gemäß Ampel diese Erweiterung Installierter Leistung Windkraft notwendig:

  • WKA (Land): 115 GW (installierte Leistung Ende 2022: 58,23 GW)
  • WKA (See): 30 GW (installierte Leistung Ende 2022: 8,13 GW)

Um das zu erreichen, fordert Olaf Scholz – wie oben von Prof. Ganteför näher erläutert – u.a. den Bau von vier bis fünf Windrädern pro Tag bis zum Jahr 2030. Wann und wie das genau beginnen/erfolgen soll, hat Herr Scholz für sich behalten. Er meint aber bestimmt, die Erhöhung der geförderten Leistung Windstrom in den Auktionen.

Der Erfolg einer Auktion (staatlich geförderte Leistung Windkraft wird versteigert) liegt in dem Volumen der ersteigerten Leistung. Man kann so viel Leistung ansetzen, wie man will, wenn diese nicht gezeichnet wird, nutzt es nichts. Die Windkraftanlagen mit Förderung werden nicht in gewünschtem Umfang gebaut.

Zunächst der aktuelle Sachstand „Konkreter Ausbau WKA im bisherigen Jahr 2023“. Schaut man sich die aktuellen Ausbauzahlen der Bundesnetzagentur (Stand Februar 2023) an, ist man bei den Windkraftanlagen noch weit vom Wirtschaftswunder entfernt.

Der Nettozubau WKA (Neubauten abzüglich des Rückbaus bestehender WKA) ist viel zu gering.

WKA (Land)

  • Januar 2023: 62,5 MW / 21 WKA (Januar 2022: 114,2 MW / 31 WKA)
  • Februar 2023: 142,8 MW / 41 WKA (Februar 2022: 158,3 MW / 38 WKA)

Um das Ziel für 2030 zu erreichen, betrüge der erforderliche Ausbau laut Bundesnetzagentur 604 MW (Februar 2023).

WKA (See):

  • Januar 2023: 38,1 MW / 4 WKA (Januar 2022: 0 MW)
  • Februar 2023: 38,1 MW / 4 WKA (Februar 2022: 0 MW)

Um das Ziel für das Jahr 2030 zu erreichen, betrüge der erforderliche Ausbau laut Bundesnetzagentur 598 MW (Februar 2023).

Die Ampel hat diverse formale, juristische und teilweise monetäre Hindernisse des Windkraftanlagenzubaus aus dem Weg geräumt. Bürger, Natur und Umwelt spielen eine immer geringere Rolle. Der grüne Plan muss im wahrsten Sinn des Wortes in Wäldern „durchgeholzt“ werden. Dennoch dürfte der Zubau von Windkraftanlagen nicht wie beabsichtigt vorangehen. Im Jahr 2022 und im bisherigen Jahr 2023 waren die Ausschreibungen bei WKA (Land) insgesamt stark unterzeichnet:

  • 2022 (4 Ausschreibungen): 3.226 MW bezuschlagt (Ausschreibungshöhe: 4.572 MW)
  • 01/2023 (bisher eine Ausschreibung): 1.441 MW bezuschlagt (Ausschreibungshöhe: 3.210 MW nur für Februar)

Die Zahlen belegen wie so oft im Grünen Universum des Guten, dass man zwar Träume (hier: Ausschreibungshöhe) haben darf, dass die Realität (hier: Bezuschlagungsfakten) allermeist eine andere ist. Vor allem wenn man bedenkt, dass ein Zuschlag WKA noch lange nicht „gebaute und in Betrieb genommene WKA“ bedeutet.

Quelle der Werte Bundesnetzagentur

Gründe für den geringen Ausbau und die erheblichen Unterzeichnungen

  • Hohe Inflation und zunehmend steigende Personalkosten verteuern die Projekte
  • Steigende Finanzierungs-Zinsen.
  • Geringe Windgeschwindigkeiten im Süden machen Anlagen dort unwirtschaftlich.
  • Angehobene Einspeisevergütungen gleichen die Mehrkosten nicht aus.
  • Zunahme des Rückbaus ausgeförderter Anlagen. Diese sind nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben.
  • Mangel an Fachkräften.

Quelle der Standortbestimmung Windkraft

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