Energiewende & Fakten des Jahres 2021/22 plus Schlussfolgerungen

02.10.2023 enexion

Wenn die deutsche Energiewende nicht nur eine „Stromwende“ ist, sondern alle Sektoren der Energienutzung umfasst, muss beachtet werden, dass der erneuerbare Energieträger Biomasse ebenso wie Kohle, Öl oder Gas genutzt wird, um Energie für alle möglichen Bereiche und eben nicht nur zur Stromerzeugung bereitzustellen. Das nicht erst seit 2011, dem Jahr, in dem Angela Merkel gegen jede demokratische Gepflogenheit praktisch im Alleingang beschlossen und verkündet hat, bis zum Ende des Jahres 2022 aus der Stromerzeugung mittels Kernkraft auszusteigen.

Ab dem Jahr 2000 begleitet und beeinflusst der Begriff „Energiewende“ faktisch die offiziellen Leitlinien der jeglicher Politik. Diese sehen den Austausch einer Energieerzeugung, die durch gut steuerbare, am Bedarf orientierte Fossil- und Kernkraftwerke gewährleistet ist, in eine insgesamt kaum kalkulierbare Energieerzeugung durch Wind- und Solarkraftwerke vor. Diese hätten den Vorteil einer weitgehenden CO2-Freiheit. CO2, das die Temperatur auf der Erde ansteigen, am Ende des Tages die Welt untergehen lässt und deshalb unbedingt vermieden werden muss.

Hier tut sich bereits ein eklatanter Widerspruch auf, der in den vergangenen Monaten des Öfteren im Mittelpunkt der Debatte stand. Wenn das Spurengas CO2 mit aktuell gut 0,04% Luftanteil so enorm schädlich für die Atmosphäre und das Wohlergehen der gesamten Menschheit ist, warum werden dann die praktisch CO2-freien Kernkraftwerke in Deutschland und nur in Deutschland abgeschaltet?

Hauptgrund für die tatsächliche Durchführung des Ausstiegdogmas des Jahres 2011:  Damals wurde der Ausstieg beschlossen, um den Grünen bei den anstehenden Wahlen die Fukushima-Luft aus den Segeln zu nehmen. Der Ausstieg aus der ´Atomkraft` liegt in der DNA der Grünen. Diese sind in der Tat als Anti-Atompartei groß geworden und wollten die „Kröte“ des Nichtabschaltens der letzten drei Kernkraftwerke in Deutschland am 15. April 2023 nicht schlucken. Deshalb importiert Deutschland netto im Durchschnitt seither etwa 11% seines benötigten Stroms aus dem benachbarten Ausland. Dieser Strom ist CO2-frei. Zumindest rein rechnerisch für Deutschland. Wird Strom importiert, bleibt das CO2 im jeweiligen Erzeugerland. Selbstverständlich wird der importierte Strom nicht auf die eigene Stromproduktion Deutschlands angerechnet. Weil die Menge des regenerativ erzeugten Stroms korrekterweise komplett ins Verhältnis zur eigenen fossil-konventionellen Stromproduktion gesetzt wird, steigt der Anteil des regenerativ erzeugten Stroms prozentual. Das täuscht einen Zuwachs an regenerativ erzeugtem Strom vor, der faktisch nicht vorhanden ist. Nur weil der von Deutschland selbst erzeugte konventionelle Strom weniger geworden ist, steigt der regenerative Anteil prozentual an.

Das Analysetool www.stromdaten.info bietet die Möglichkeit per Klick die Datengrundlage (Smard.de oder Agora-Energiewende) für die eigene Analyse zu ändern. Die Daten, die von Agora geliefert werden, sind so bearbeitet, dass die selbst erzeugte Strommenge plus Import oder minus Export immer den Strombedarf ergeben. Smard hingegen verarbeitet die Rohdaten, die Entsoe – auch Agora nutzt die Daten von Entsoe – zur Verfügung stellt. Das ergibt bei der Betrachtung des Zeitraums 16.4.2023 bis 15.9 2023 (Smard / Agora) erhebliche Unterschiede.

Um einen Überblick über die diversen Formen der Energieerzeugung und die dabei genutzten Energieträger zu bekommen, werden in diesem Artikel die wesentlichen Daten und Fakten je nach Datenlage der Jahre 2021/2022 zusammengefasst. Grundlage sind in erster Linie Schaubilder des Umweltbundesamtes, welches in vorbildlicher Weise die Ergebnisse aus verschiedenen Quellen grafisch aufbereitet. Leider liegen nicht alle Daten für das Jahr 2022 vor, so dass zum Teil auf das Jahr 2021 zurückgegriffen werden muss.

Die „Erneuerbaren“

 
Nicht nur im Sektor „Strom“ spielen die ´erneuerbaren` Energien eine wesentliche Rolle. Auch in den Sektoren „Wärme“ und „Verkehr“ wird regenerativ erzeugte Energie genutzt. Doch zunächst ein Blick auf die einzelnen Werte der drei Sektoren:

Schaubild 1 – Vergrößern & Quelle

Im Sektor „Strom“ ist die regenerative Erzeugung mittels Wind- und Solarkraft am weitesten fortgeschritten.  Biomasse und Wasserkraft weisen einen Anteil von um die 12-14 Prozentpunkte bei der Stromerzeugung aus. Im Sektor „Wärme“ spielt regenerativ erzeugter Strom bisher praktisch keine Rolle. Das soll sich mit dem kürzlich verabschiedeten Heizungsgesetz massiv ändern. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf Wärmepumpen, die mit regenerativ erzeugtem Strom betrieben werden sollen. Ebenfalls angedacht ist die Möglichkeit grünen Wasserstoff zum Heizen zu verwenden. Sogar Holz ist wieder im Gesetz aufgeführt. Den größten Anteil bei der Erzeugung von Raumwärme und mehr soll allerdings grün erzeugter Strom einnehmen.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass der Schwerpunkt der Energiewende ohnehin bei grün erzeugtem Strom liegt. Auch der Verkehr und große Teile der Industrie sollen auf die Nutzung elektrischer Energie umsteigen. Die E-Mobilität wurde in den vergangenen Jahren erheblich subventioniert, der Anteil von E-Autos bei den Zulassungen steigt. Wie es weitergeht, wenn demnächst die Förderung der Elektro-Dienstwagen wegfällt, bleibt abzuwarten. Insgesamt und ohne Berücksichtigung von Bedarfssteigerungen werden für eine Umstellung der heute benötigten Endenergie von 2.407 Terawattstunden (TWh) fossil und elektrisch auf weitestgehende grün-elektrische Endenergie insgesamt grob geschätzte 1.800 TWh Strom pro Jahr benötigt. Warum bei Strom weniger als die aktuelle Endenergie? Das liegt daran, dass zur Herstellung von einer TWh Strom etwa drei TWh Kohleenergie benötigt werden. Wird der Strom grün erzeugt, fällt der Kohleverbrauch weg. Wird fast alles grün-elektrisch betrieben, werden die fossilen Energieträger kaum noch benötigt. Das ist die Idee, das ist der Plan. Ob der mit den wenig verlässlichen, höchst volatilen Energieträgern Wind- und Solarkraft aufgeht, wird die Zukunft zeigen.

Schaubild 2 gibt Auskunft zu den aktuellen Anteilen an der Energiebereitstellung durch „Erneuerbare“:

Schaubild 2 – Vergrößern & Quelle

Im Jahr 2022 lag der Biomasseanteil an der erneuerbaren Energieerzeugung zusammengerechnet bei 52 Prozent (Wärme 35, Verkehr 7, Strom 10 Prozent) und stellt damit den Löwenanteil der 489 TWh regenerativer Energieerzeugung gesamt. Bemerkenswert ist, dass der Energieträger Biomasse* kein Kind der Energiewende ist, sondern praktisch schon seit Jahrhunderten genutzt wird. Ebenso wie die Kraft des Wassers.

Der sekundäre Energieträger Strom, der grüne Strom wird aus vier Primär-Energieträgern hergestellt: Windkraft, Solarkraft, Wasserkraft und Biomasse. Biomasse ist in Schaubild 2 mit 10% „doppelt“ belegt, so dass faktisch 42% Strom biomassefrei erzeugt werden. Vom erneuerbaren „Gesamtkuchen“ sind es natürlich 52%. Und: Auch im Verkehr wird Kraftstoff, erzeugt aus Biomasse, genutzt. Knapp zwei Drittel der Biomasse wird zur Wärmeerzeugung verwendet. Die Wärmeversorgung ist ohnehin ein Aspekt der Energieversorgung, der oft unterschätzt wird. Schauen Sie sich die Entwicklung in den Haushalten (etwa 43 Mio.) an:

Schaubild 3 – Quelle & viele weitere Informationen

Strom als Energieträger spielt im Haushalt eine geringere Rolle als oft angenommen, wobei Prozesswärme eben auch das Kochen meint. Die Warmwasserbereitung erfolgt in vielen Haushalten per Strom. Raumwärme, das Heizen benötigt insgesamt die größte Menge Energie, wobei Heizen per Strom bisher kaum eine Rolle spielt.

Erneuerbare Energien, darüber darf das Schaubild 2 nicht hinwegtäuschen, spielen beim aktuellen Energiebedarf Deutschland insgesamt immer noch eine untergeordnete Rolle. Aktuell sind Mineralöl, Kohle und Gase die bevorzugten Energieträger.

Schaubild 4 – Vergrößern & Quelle & Umrechnen

Von den 1.415 TWh = 5093 PJ Energie, die in Deutschland insgesamt für die Wärmegewinnung verwendet werden, sind lediglich 200,5 TWh (168 TWh Biomasseanteil) erneuerbar.

Schaubild 5 – Vergrößern & Quelle

Ein wesentlicher Grund, dass Wärmegewinnung in Zukunft elektrifiziert werden soll, liegt in der Tatsache, dass die Energiegewinnung mittels Biomasse kaum steigerbar ist. Die Tank-Teller-Frage ist relevant: Dürfen Lebensmittel (z. B. Getreide, Öl) angebaut werden, um energetisch genutzt zu werden, wo doch gut 800.000.000 Menschen in der Welt Hunger leiden?

Stromerzeugung per Wasserkraft ist in Deutschland geologisch begrenzt. Deshalb muss die grüne Energie, der grüne Strom in erster Linie per Wind- und Solarkraft hergestellt werden. Im Jahr 2022 wurden gemäß Schaubild 2 gut 186 TWh grüner Strom mittels Windkraft- und PV-Anlagen hergestellt.

Von den 2.407 TWh Endenergie werden etwa 489 TWh regenerativ erzeugt. Wobei die Energieträger mit über 50%-Anteil, die Biomasse, die Wasserkraft, in Deutschland nicht wesentlich ´ausgebaut` werden können. Jegliche zusätzliche Energie muss per Windkraft- und PV-Anlagen erzeugt werden. Welche Bretter da noch gebohrt werden müssen, veranschaulichen die folgenden Tabellen. Tabelle 1 ermöglicht die einfache Zurechnung von Steigerungen der aktuellen Stromerzeugung mittels Windkraft- und PV- Anlagen. 100 TWh grüner Strom werden im Durchschnitt eines Jahres mit dieser Anzahl regenerativer Stromerzeugungsanlagen erzeugt:

Tabelle 1 – Quelle

Wie bereits oben gezeigt müssen insgesamt – ohne Berücksichtigung von Steigerungen – etwa 1.800 TWh Endenergie bereitgestellt werden. 186 TWh Wind- und PV-Strom stehen bereits zur Verfügung und können ausgebaut werden. 303 TWh stehen in Form von kaum erweiterbarer Biomasse, Wasserkraft und Energie aus Geothermie/Solarthermie zur Verfügung. Insgesamt müssten 1.300 TWh regenerativer Strom mittels Wind- und Solarkraft zusätzlich erzeugt werden. Die Anzahl der Anlagen:

Tabelle 2 – Quelle

Konventionelle Energie & Fazit

Leider wird im nächsten Schaubild der regenerative erzeugte Stromanteil an der Gesamtstrommenge in den vier Sektoren nicht separat angezeigt. Deshalb hier noch mal die erneuerbare Strom-Erzeugungsmenge des Jahres 2022: 254 TWh. Damit wurde gut die Hälfte des in Deutschland benötigten Stroms – 489 TWh – regenerativ erzeugt.

Schaubild 6 – Vergrößern & Quelle

Wird der Biomasse- und Wasserkraftanteil an der Stromerzeugung abgezogen, bleiben 186,1 TWh Strom, der per Windkraft- und PV-Anlagen erzeugt wurden. Das entspricht 7,7% des gesamten Endenergiebedarfs des Jahres 2021 (Schaubild 6). Leider liegen uns nur die „gemischten“ Daten 2021/2022 vor. Um einen Einblick über die Mengenverhältnisse zu bekommen, reichen sie u. E. aus. 253,3 TWh Energie trägt Biomasse – Erzeugung praktisch kaum steigerbar – aktuell zur benötigten Endenergie bei. Davon werden 168,8 TWh zur Wärmeerzeugung, 34,3 TWh zur Kraftstoffherstellung und 50,2 TWh zur Stromerzeugung verwendet. Die Menge an Wasserkraftstrom betrug im Jahr 2022 bei 17,5 TWh. Die 57,7 TWh Strom aus Biomasse und Wasserkraft werden auch in Zukunft im Bereich um die 60 TWh liegen, so dass der zusätzlich benötigte grüne Strom ausschließlich mittels Windkraft und PV-Anlagen hergestellt werden muss. Was das bedeutet, zeigt Tabelle 2 recht eindrucksvoll.  Noch ein Wort zur „Fernwärme“. Sie deshalb ´CO2-frei`, weil sie ein Abfallprodukt der fossilen Stromgewinnung ist. Das dabei entstehende CO2 wird dem produzierten Strom zugerechnet.

Mit 489 TWh regenerativ gewonnener Energie trugen die „Erneuerbaren“ im Jahr 2022 zu gut 20% zur in Deutschland benötigten Endenergie bei. Die Tatsache, dass seit 2000 bereits hunderte Milliarden € in die Energiewende gesteckt wurden und Stromgewinnung per Wind- und Solarkraft lediglich einen Anteil von 7,7% an der Endenergie hat, ist ernüchternd. Vor allem, wenn man bedenkt, welch gewaltige Investitionen noch getätigt werden müssten (Tabelle 2). Wobei zum Beispiel Speicherstrukturen, Backup-Kraftwerke und Netzausbau noch hinzukommen. Und ganz wichtig: Die Kosten steigen nochmals, wenn es tatsächlich zu einem sogenannten „Wasserstoffhochlauf“ kommen sollte. Um eine TWh grünen Wasserstoffstrom zu generieren, sind vier TWh Wind- bzw. PV-Strom notwendig. Das würde die Zahl der benötigten Windkraft- und PV-Anlagen weiter in die Höhe treiben. Allein der Ersatz des bereits heute von der Industrie verwendeten fossil erzeugten ´grauen` Wasserstoffs (um die 70 TWh/Jahr) durch grünen Wasserstoff würde einen erheblichen Zubau von Windkraft- und PV-Anlagen mit sich bringen.

Auch mit viel Wohlwollen erscheinen die Pläne zur Energiewende kaum realisierbar.  Vorbildhaft sind sie ohnehin nicht. Weder, was die horrenden Kosten, noch, was die Zuverlässigkeit der Energieversorgung anbelangt. Deshalb steht Deutschland auch allein da, mit seiner Energiewende.

*Was unterscheidet Biomasse von Kohle, Gas oder Öl? Der Energieträger fügt sich, wenn auch unter Umständen erst über größere Zeiträume, in den natürlichen CO2-Kreislauf ein. Kohle, Gas und Öl sind nach aktuellem Stand der Erkenntnisse nur einmalig nutzbar und setzen vor Jahrmillionen in toten Tieren und Pflanzen gespeichertes CO2 frei. Es gibt seit geraumer Zeit den Denkansatz, dass die sogenannten fossilen Energieträger im Innern der Erde, der Erdkruste, dem Erdmantel immer wieder neu generiert werden.

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