Energiewende Spezial – Stromimport, Stromexport Deutschlands

24.11.2022 enexion

Die Frage, ob und wieviel Strom Deutschland nach Frankreich exportieren muss, um die, wenn man Herrn Scholz und Herrn Habeck glauben darf, dortige Stromwirtschaft vor dem Zusammenbruch zu bewahren, ist viel zu einfach, viel zu eindimensional und politisch fast schon unverschämt gestellt. Davon den Weiterbetrieb ungeliebter deutscher Kernkraftwerke – „Wir helfen damit Frankreich!“ – abhängig zu machen, ist politisch nicht nur unklug, sondern trägt sehr zum Missklang zwischen Frankreich und Deutschland bei.

Im Artikel Energiewende/Energiekrise und ´Lösungen` der Bundesregierung konnte die obige Fragestellung noch nicht befriedigend beantwortet werden. Bei der nun vorliegenden genaueren Analyse stellt sich heraus, dass Deutschland aus den Nordländern Dänemark, Schweden und Norwegen regelmäßig eine Menge Strom, die in etwa – es ist sogar einiges mehr – der Exportmenge nach Frankreich entspricht, selbst importiert. Der Stromimport aus den Nordländern erfolgt nach Norddeutschland. Norddeutschland, das, so die regelmäßigen Behauptungen der Politik, sehr oft viel zu viel Windstrom produziert, der wegen mangelnder Stromnetze nicht in den Süden transportiert werden könne, wo die Industrie den Strom so dringend benötige. Hinzu kommt die seltsame Tatsache, dass der Stadtstaat Hamburg seine Bürger und Unternehmen zu etwa 80% mit fossil erzeugtem Strom aus Braunkohlekraftwerken in der Lausitz versorgt. Es lohnt sich, die entsprechenden Passagen aus dem oben bereits verlinkten Artikel noch mal nachzulesen.

In diesem Artikel wird mit der angemessenen Genauigkeit auf die Frage eingegangen, wie der Stromimport nach, der Stromexport aus Deutschland im bisherigen Jahr 2022 (Stichtag 31.10.2022) funktioniert hat. War es tatsächlich so, dass Frankreich ohne Strom aus Deutschland vor dem Blackout gestanden hätte? Gibt es tatsächlich Länder, die ohne deutschen Strom kaum überleben könnten? Ganz klare Antwort vorab. Nein, der europäische Strommarkt ist ein permanentes Geben und Nehmen. Bis auf eine Ausnahme – Luxemburg – gibt es kein Land, dass Strom aus Deutschland einführt, ohne auch Strom nach Deutschland zu exportieren. Der Stromhandel ist komplex und hat neben einer Bedarfsorientierungs- auch eine starke Gewinnmaximierungskomponente.

Norwegen

 

Norwegen deckt seinen Strombedarf zu einem erheblichen Anteil per Wasserkraft.

Der große Vorteil von Wasserkraftwerken liegt darin, dass die Stromerzeugung praktisch von einer Minute auf die andere an- und abgeschaltet werden kann. Immer dann, wenn der Strom in Deutschland besonders günstig ist, wird die eigene Erzeugung in Norwegen zurückgefahren. Dafür wird der günstig eingekaufte deutsche Strom in´ s norwegische Netz eingespeist. Wird der deutsche Strom hochpreisig gehandelt, exportiert Norwegen seinen Wasserkraftstrom nach Deutschland. Davon hat Norwegen wahrlich genug.

Schauen Sie sich die Zahlenanalyse „Norwegen“ an (Die Werte der Tabellenbeziehen sich immer auf Deutschland. Import= D importiert, Export=D exportiert, Minus=D zahlt). Über eine Milliarde € hat Norwegen in den ersten 10 Monaten des Jahres 2022 netto verdient Eine teure Batterie, die Deutschland vorhält. In der für diesen Artikel relevanten Fragestellung ist anzumerken, dass Deutschland im Norden offensichtlich sehr wenig überschüssigen Strom erzeugt, der nach Norwegen exportiert werden ´muss`.  Ähnliches gilt für Dänemark.

Dänemark

 

Dänemark hat allerdings eine vollkommen andere Stromerzeugungsstruktur als Norwegen. Sie ist lange nicht so CO2-arm wie beim nördlichen Land der Fjorde. Über 45% des Stroms in Dänemark werden fossil erzeugt. Die beeindruckende Zahlenanalyse des Im- und Export Dänemarks zeigt: Das Land hat weit über 2 Mrd. € am Stromhandel mit Deutschland verdient.

Schweden

 

Schweden produziert viel Co2-armen Strom. Lediglich 15% des Stroms werden fossil per Öl und Gas erzeugt. Kernenergie – Schweden betreibt fünf Kernkraftwerke – an dreien ist Deutschland über die Verstaatlichung Unipers demnächst beteiligt – plus Stromerzeugung per Wind-, Wasserkraft sowie Biomasse sind die Energieträger.

Schweden exportiert Strom nach Deutschland. Aus Deutschland importiert wird hingegen nur sehr wenig Strom. Die Schweden spekulieren nicht. Für sie ist der mittlere Ertrag ausreichend. Der lag immerhin bei 253€/MWh, und damit weit über den eigenen Strom-Gestehungskosten.

Der Strom-Exportertrag Schwedens liegt bisher bei 722 Mio. € netto, wie die Zahlenwertanalyse belegt.

Zwischenfazit

 

Aus den drei oben analysierten Nordländern hat Deutschland wesentlich mehr Strom eingeführt als es exportiert hat. Das, obwohl im Norden nach Politikerangaben sehr oft viel mehr Windstrom produziert wird, als benötigt wird. Was sich somit als Legende entpuppt. Fakt ist, dass Deutschland Windstrom lediglich in einer Größenordnung abregeln muss, die in Bezug auf die Gesamtstrommenge (ca. 500 TWh netto, knapp 600 TWh brutto)  nicht mal 1% ausmacht. So erklären sich die hohen Stromimporte aus Norwegen, Dänemark und Schweden, die hier noch mal in summa als Chart dargestellt werden. Deutschland benötigt offensichtlich den Strom aus den Nordländern. Bleibt die Frage:

Warum ist Deutschland Strom-Exporteur netto?

 

Neben dem bereits oben erwähnten Luxemburg, gibt es drei weitere Nachbarländer, die in diesem Jahr mehr Strom aus Deutschland bezogen, als nach Deutschland geliefert haben. Es sind Frankreich, Österreich und die Schweiz. Im Gegensatz zu Luxemburg haben diese Länder gleichwohl bei für sie günstiger Gelegenheit auch Strom nach Deutschland verkauft.

Frankreich & Deutschland

 

Frankreich ist das Land mit den 57 Kernkraftwerken und nur mit etwas mehr als der Hälfte des CO2-Ausstoßes der Deutschen pro Kopf. Dieses Frankreich wird als Argument für den Weiterbetrieb der letzten drei Kernkraftwerke von Klimaminister Habeck herangezogen. Deutschland müsse Frankreich mitversorgen. Mitversorgen, damit die Strom-Versorgung Frankreichs nicht zusammenbricht. Damit schiebt der Minister eine Hilfsbereitschaft vor, die seine grünen Mitstreiter ´schlucken` müssen: Die angebliche Notwendigkeit muss als Begründung herhalten, um den endgültigen Ausstieg aus der Kernenergie vom 31.12.2022 auf den 15.4.2023 zu verschieben.

Ist es tatsächlich so, dass Frankreich auf deutschen (Kernenergie-) Strom elementar angewiesen ist?

 

Tatsache ist, dass Frankreich im Betrachtungszeitraum wesentlich mehr Strom aus Deutschland importiert als exportiert hat. Was umgekehrt – wie oben gesehen – aber auch für Schweden, Norwegen und Dänemark gilt. Niemand würde allerdings behaupten, dass ohne die Stromexporte der drei eben genannten Länder nach Deutschland, die Stromversorgung Deutschlands zusammengebrochen wäre, obwohl insgesamt erheblich mehr Strom von Deutschland aus den drei Nordländern importiert wurde, als Deutschland nach Frankreich exportiert hat. Die Versorgungssicherheit in Frankreich ist – wie weiter unten belegt – auch ohne Stromimport aus Deutschland nicht gefährdet. Das Land ist Teilnehmer am Prozess des Gebens und Nehmens (von Strom) im marktwirtschaftlich organisierten europäischen Stromnetz. Für die meisten Länder dient der Stromhandel dazu, mehr oder weniger gute Geschäfte zu machen. Ausnahme: Deutschland und Luxemburg. Luxemburg wurde bereits oben kurz abgehandelt Das Land wird von Deutschland, den Benelux-Staaten und Frankreich mitversorgt. Nach Deutschland exportiert Luxemburg keinerlei Strom.

Welche Rolle hat Deutschland im europäischen Strommarkt?

 

Deutschland ist praktisch die ´Strom-Kuh`, die gemolken wird, wenn das Land – verursacht durch die Volatilität der Wind- und PV-Stromversorgung – zu viel oder zu wenig Strom produziert. Bedarfsgerecht passt die deutsche Stromerzeugung nur sehr selten. Deutschland muss praktisch  immer Strom ex- und importieren. Wobei generell gilt, dass der Exportstrom Deutschlands günstiger ist als der Preis, den Deutschland für Importstrom bezahlen muss. Was marktwirtschaftlich nichts anders bedeutet, dass der Exportstrom überschüssiger, dringend (Bedarf und Stromerzeugung müssen immer im Gleichgewicht sein) abzugebender Strom, der Importstrom von Deutschland benötigter Strom ist. Ohne den europäischen Strommarkt könnte Deutschland – im Gegensatz zu den meisten anderen Staaten – nicht existieren. Das „zu viel“ und das „zu wenig“ an Strom kann von Deutschland nicht eigenständig reguliert werden, weil die schwankenden Wind- und Sonnenenergievolumina nicht präzise kalkulierbar sind. Auch ist eine kurzfristige, den Schwankungen der Wind- und PV-Stromerzeugung angepasste Regelung konventioneller Kraftwerke – Ausnahme Pumpspeicher – rein technisch nicht möglich. Eine Passgenauigkeit der Stromerzeugung bezogen auf den Bedarf ist praktisch unmöglich. Es ist immer zu viel oder zu wenig Strom vorhanden.

Frankreich

 

Vom 1.1.2022 bis zum 25. April 2022 importierte Frankreich fast ausschließlich Strom aus Deutschland. Der Preis lag bei durchschnittlichen 175€/MWh. Der geringfügige Stromexport nach Deutschland brachte 231€/MWh. Die aus Deutschland importierte Strommenge lag bei knapp 7,5 TWh. Ein Blick auf Deutschlands Stromerzeugung vom 1.1. bis 25.4.2022 belegt eine Strom-Überproduktion, die allerdings NICHT regenerativ erzeugt wurde, das wird sie nie, sondern konventionell:

Im betrachteten Winter/Frühjahrs-Zeitraum ist zu viel Strom versorgungstechnisch besser als zu wenig Strom. Und: Es kommt auch dann zu einer Stromüberproduktion, wenn aus Netzstabilitätsgründen (Einhaltung der Netzfrequenz bei 50Hz) gerade bei starker Wind- und PV-Stromerzeugung konventioneller Strom mit großen mechanischen, gleichmäßig laufenden Generatoren in erheblichem Umfang hinzuerzeugt werden muss. Dass Frankreich überschüssigen Strom aus Deutschland abnimmt und dann ein, zwei Kernkraftwerke in die Wartung schickt: Warum denn nicht? Alle Nachbarländer, auch Frankreich, wissen meist rechtzeitig, wann Deutschland zu günstigen Preisen Strom günstig verkaufen muss, und richten die eigene Stromerzeugung danach ein. Sie können ihre überwiegend konventionelle Stromerzeugung Plus Wasserkraft plus Biomasse gut regulieren und müssen sich nicht so sklavisch an eine mehr oder weniger starke Wind- und PV-Stromerzeugung anpassen wie Deutschland.

Vom 26.4 bis zum 11.6.2022 gab es beim Stromhandel mit Frankreich das besagte Geben und Nehmen auch mit Deutschland. Wobei Frankreich etwas mehr Strom aus Deutschland importierte als nach Deutschland exportierte. Und trotzdem knapp 28 Mio € verdiente. Denn der Exportpreis lag für Deutschland bei 133€/MWh, der Importpreis hingegen bei 216€/MWh. Das belegt einmal mehr die Abhängigkeit Deutschlands vom europäischen Stromhandel. Sonst würde es nicht regelmäßig viel mehr für den Stromimport bezahlen müssen als es für Exportstrom erhält.

Vom  12.6 bis zum 16.102022 importiert Frankreich wieder fast ausschließlich Strom aus Deutschland. Der mit hohen 312€/MWh tatsächlich hochpreisig ist. Nicht so hochpreisig allerdings, wie die 364€/MWh, die Deutschland für eine zugegebenermaßen geringe Importstrommenge bezahlen muss. Ob Frankreich den Strom aus Deutschland benötigte, damit die Versorgung nicht zusammenbricht, darüber darf gerne spekuliert werden. Nach der bisherigen Analyse weise ich jedoch darauf hin, dass die apodiktische Behauptung deutscher Ampel-Politiker, Frankreich brauche den deutschen Strom unbedingt, und deshalb müsse man die drei KKW bis Mitte April im Streckbetrieb weiterlaufen lassen, gegenüber Frankreich eine Schmähung ist und sicher zur politischen Verstimmung im deutsch-französischen Verhältnis beigetragen hat. Behauptet dann auch noch der Grüne Jürgen Trittin, dass Frankreich all´ seine Strom-Probleme nicht hätte, wenn vor 10 Jahren Wind- und PV-Anlagen wie in Deutschland gebaut worden wären, wird bereits ein absurd-unverschämtes Niveau erklommen.

Fakt bleibt, dass Deutschland regelmäßig viel mehr Strom erzeugen muss, als zur Deckung des eigenen Bedarfs notwendig ist. Grund: Die ständig schwankende, aber kaum passgerechte Nachführ-Erzeugung von konventionellem Strom zum Ausgleich der permanenten Schwankungen der Wind- und PV-Stromerzeugung an den jeweiligen Strombedarf. Deutschlands Nachbarn nehmen den zu viel erzeugten Strom gerne ab. Auch Frankreich. Dass Deutschland eigens (Kern-) Kraftwerke betreibt, um die Stromversorgung Frankreichs sicher zu stellen, ist unseres Erachtens polit-technischer Unfug. Wenn dem so wäre, müssten die Kernkraftwerke auch über den 15.4.2023 hinauslaufen. Denn Frankreich benötigte den Strom aus Deutschland dann immer noch. Oder wäre damit am 15.4.2023 Schluss? Warum denn?

Das Kanzler-Machtwort und die Strompreis-Halbierung

 

Das Machtwort des Bundeskanzlers am 17.10.2022 zum Weiterbetrieb der drei verbliebenen Kernkraftwerke bis zum 15.4 2023 hatte eine bemerkenswerte Auswirkung. Das Strompreisniveau sank an der Strombörse sofort um mehr als 50%. Beleg: Der mittlere Preis vom 1.1.2022 bis zum 16.10.2022 liegt bei 245€/MWh. Vom 16.10.2022 bis zum 10.11.2022 bei 119€/MWh. Seien Sie versichert: Einen so geringen Durchschnittspreis über mehr als 3 Wochen gab es vom 1.1.2022 bis zum 16.10.20220 nicht einmal. Schauen Sie selbst hier. Auffällig ist, dass trotz des hohen Importbedarfs Deutschland ab 17.11.2022 die Strompreise zumindest im Verhältnis zum vorherigen Zeitraum moderat bleiben. Wir sind uns allerdings sicher, dass, wenn nicht noch kurzfristig eine weitere Laufzeit-Verlängerung über den 15.4. 2023 hinaus beschlossen wird, das Börsenpreiskarussell – spätestens ab Februar 2023 – die Strompreise Preise in ungeahnte Höhen treiben wird.

Schweiz

 

Die Schweiz hat im Sommer 2021 noch viel Strom nach Deutschland exportiert und gutes Geld verdient. Ab Herbst 2021 änderte sich die Strom-Versorgungspolitik. Im Jahr 2022 hat die Schweiz nur noch bei wirklich günstigen Gelegenheiten Strom nach Deutschland verkauft. Ansonsten schont das Land seine Reserven, die in erster Linie in riesigen Wasserspeichern/Talsperren liegen. Das Land ist sehr reich und kauft Strom in Deutschland sowie bei anderen Nachbarn. Auch wenn er mit 240€/MWh im Schnitt hochpreisig ist. Dafür sind die Stromabgaben – anders als in Deutschland – für den Stromkunden in der Schweiz moderat.

Die Schweizer Verantwortlichen sehen schon das Problem einer möglicherweise zurückgehenden, sicheren Stromerzeugung in Deutschland. Irgendwann sind auch Reserven aufgebraucht. Sogar drei Kernkraftwerke liefern auf Dauer nicht die Menge Strom, die ein Wohlstandsland wie die Schweiz benötigt. Aktuell verkauft die Schweiz gewinnbringend Strom nach Italien: „Gestern Nachmittag waren es zeitweise über 2000 Megawattstunden, welche die Schweiz in Richtung Italien verliessen.“ Quelle

Es ist also keinesfalls so, dass die Schweiz von Deutschland mitversorgt würde in der Form, dass ansonsten die schweizerische Stromversorgung zusammenbrechen würde. Auf Nachfrage beim Bundesamt für Energie BFE der Schweiz bekamen wir diese Antwort:“ Es gibt in der Schweiz keine Vorschriften, die den Elektrizitätsunternehmen den Handel mit dem Ausland verbietet. Zur Vermeidung einer allfälligen Strommangellage wurde eine Ausschreibung für eine Wasserkraftreserve für den Winter 2022/23 gemacht. Diese wurde am 24.10.2022 abgeschlossen. Insgesamt haben Gebote im Umfang von 400 Gigawattstunden (GWh) einen Zuschlag erhalten. Mit der gebildeten Reserve soll gegen Winterende eine allfällige Phase mit reduzierten Importmöglichkeiten und geringerer Verfügbarkeit inländischer Produktion während weniger Wochen überbrückt werden können. Zusätzlich steht in Birr (Kanton Aargau) ein Reservekraftwerk mit einer Gesamtleistung von 250 MW zur Verfügung, das Ende Februar 2023 in Betrieb genommen werden kann.“ Der Vorsorgegedanke der schweizerischen Verantwortlichen wird gut sichtbar.

Österreich

 

Viel Wasserkraft erzeugt in Österreich den Strom. Andere Erneuerbare spielen praktisch keine Rolle. Der Rest wird bis auf gut 5% von Gaskraftwerken erzeugt. Aus der Kernkraft ist Österreich ausgestiegen, bevor das erste Kraftwerk fertig war. Es ist eine Industrieruine.

Österreich importiert aus Deutschland Strom. Nach Deutschland exportiert das Alpenland nur selten.  Der Import ist eine Strommenge, die auf das Jahresende hochgerechnet einiges mehr als ein Kernkraftwerk erzeugt. Über 2,5 Milliarden € zahlte Österreich an Deutschland in diesem Jahr bis zum 31.10.2022. Ist Österreich von Deutschland abhängig? Nein, das Land nutzt den importierten Strom, um regelmäßig die Pumpspeicherkraftwerke aufzufüllen. Das Land schafft sich damit Unabhängigkeit, falls es wirklich mal zu einem Strommangel in Deutschland kommen sollte. Eine Nachfrage bei der österreichischen Energieagentur ergab, dass Österreich vor allem dann von Deutschland Strom kaufe, wenn er günstiger als der selbst erzeugte sei. Wobei der Vorsorgeeffekt sich auch eine entscheidende Rolle spielt.

Tschechin

 

Der Strom-Mix Tschechins besteht aus über 50% Steinkohle-, Bitumen- und vor allem Braunkohleverstromung. Hinzu kommen 10% Erdgas. Wasserkraft ist mit gut 11% der einzige regenerative Energieträger. CO2-arm sind auch die 26% Strom, die mit sechs Kernkraftblöcken erzeugt werden. Tschechin ist ein gewinnorientierter Markteilnehmer. Die gesamte Stromerzeugung ist gut regulierbar. Das Land kauft Strom von Deutschland, wenn er günstig ist. Ist der Strom hochpreisig, verkauft Tschechin seinen Strom.

Polen

 

Die schwarzen Balken oben sind Programm: Fast 90% des Stroms werden in Polen fossil erzeugt. Da wundert sich der Betrachter schon, dass Deutschland viel mehr Strom aus Polen einführt als dorthin exportiert. Wo doch, wenn man der Politik Glauben schenkt, in Norddeutschland so viel überschüssiger Strom erzeugt wird. Kurz: Das ist ein Märchen.

Deutschland hat zum Durchschnittspreis von 259€/MWh 2,4 TWh Strom aus Polen importiert und lediglich 1,2 TWh Strom zum Preis von 189/MWh nach Polen exportiert. Unter dem Strich hat Polen über 400 Mio. € am Stromhandel mit Deutschland verdient.

Niederlande

 

Unter dem Territorium der Niederlande liegen große Gasfelder. Ursprünglich wollten die Niederlande bis 2030 aus der Gasförderung wegen erhöhter Erdbebengefahr aussteigen.

Die Niederlande sind mit ihrem Strom-Mix ein weiterer gewinnorientierter Strommarkt-Teilnehmer. Über 79% der niederländischen Stromerzeugung ist gut regelbar. Die Niederlande kaufen Strom von Deutschland, wenn dieser günstig ist. Sie verkaufen, wenn gutes Geld zu verdienen ist, wenn Deutschland dringend Strom benötigt. So wurden im aktuellen Jahr, Stichtag 31.10.2022, bereits satte 450 Mio. € verdient.  Zum Jahresende wird die halbe Milliarde wahrscheinlich überschritten.

Belgien

 

Belgien ist ein Land, das seinen Strom in erster Linie mit den Energieträgern Kernkraft und Erdgas (zusammen 70%) erzeugt. Wasserkraft und Windkraft (22%) folgen. Der Rest ist nicht erwähnenswert. Bereits im Jahr 2002 hat Belgien den Atomausstieg zum Jahr 2025 beschlossen. Dann machte man praktisch nichts, um den wegfallenden Strom zu ersetzen. Aktuell hat das Land die Verlängerung des Betriebs zweier KKW beschlossen. Der fehlende Strom für den angeblichen „Schrottreaktor“ Tihange II kommt per neu gebauter Leitung aus dem rheinischen Braunkohlegebiet nördlich von Aachen/Düren.

Belgien ist im Stromhandel ebenfalls gewinnorientiert. Knapp 20 Mio. € Gewinn erzielte das Land. Der Chart belegt die immer wieder gleiche Strategie: Günstig einkaufen, teuer verkaufen. Deutschlands volatile Stromerzeugung ist dafür wie geschaffen. Im Prinzip reicht eine genaue Beobachtung der Wettervorhersagen, um zu wissen, wann hierfür die besten Zeiträume sind.

Fazit

 

Das Argument der Ampel-Politik, der Streckbetrieb der drei verbliebenen KKW bis zum 15.4 2022 sei notwendig, um die Stromversorgung Frankreichs sicherzustellen, ist nicht stichhaltig. Das Machtwort des Kanzlers, welches den Streckbetrieb festschrieb, hatte – wie oben belegt, allerdings eine erhebliche Senkung (Halbierung) des Börsenstrompreise zur Folge. Die Diskussion zum Weiterbetrieb der KKW über den 15.4.2023 hinaus wird weitergehen und über den Jahreswechsel Thema bleiben.

Der analysierte Strom-Markt weist neben Luxemburg nur Deutschland aus, welches davon unbedingt abhängig ist, Möglichkeiten des Verkaufs sowie des Einkaufs von Strom zu haben. Alle anderen Länder kämen weitgehend ohne Stromhandel aus. Sie nutzen diesen in erster Linie, um gute Geschäfte mit Deutschland abzuwickeln, oder um die eigene Stromerzeugung krisenfest zu machen. Der Sachverhalt, dass Deutschland netto „Stromexporteur“ ist, suggeriert im Sprachgebrauch der Freunde der Energiewende, dass zeitweise viel-zu-viel Wind- und PV-Strom zur Verfügung stünden und dieser deshalb in hohem Umfang exportiert werden müsse. Das ist nicht nur falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Damit die erheblichen Schwankungen plus der unzureichenden Bedarfsdeckung der „Erneuerbaren“ ausgeglichen werden, ist täglich eine erhebliche konventionelle Stromerzeugung unabdingbar. Der weiße Bereich bis zur gestrichelten lila-Linie wurde konventionell erzeugt. Da diese niemals passgerecht sein kann, ist häufig zu viel Strom (über der gelben Bedarfslinie) im Markt, der im Verhältnis zum Importstrom preisgünstig (203 zu 273€/MWh) abgegeben werden muss. Die roten Bereiche signalisieren Stromimporte. Dann liegt die lila-gestrichelte-Linie unter der gelben Bedarfslinie. Der Strompreis liegt entsprechend hoch. Deutschland benötigt Strom und muss ihn teuer bezahlen. Es kommt nicht von ungefähr, dass die deutschen Stromkunden Höchstpreise bezahlen müssen.

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