Rückschau 2022 Agora – Energiewende

27.01.2023 enexion

Agora-Energiewende überschreibt die Analyse 2022 so:

„Rückkehr der Kohle macht Energiespareffekte zunichte und gefährdet Klimaziele“.

 
Insgesamt handelt es sich um eine ausführlich-angemessene und realistische Einschätzung der Entwicklung in Sachen ´Strom` im Jahr 2022. Die Auswirkung der Ende 2021 erfolgten Kernkraftwerksabschaltungen mit einer Halbierung der Stromerzeugung per Kernenergie gegenüber 2021 wird erwähnt. Die Auswirkungen der geplanten Abschaltung der letzten drei verbliebenen Kernkraftwerke zunächst zum 31.12.2022, dann per Kanzlermachtwort auf den 15.4.2023 verschobenen werden dagegen nicht analysiert. Solange der Bundestag diese Verschiebung nicht fixiert hatte, gab es eine Halbierung des Strompreises. Am 11.11.2022 nach der gesetzlichen Festsetzung der Verschiebung stieg der Strompreis wieder auf alte Höhen an. Eine nähere Erläuterung lesen Sie am Ende dieses Artikels.

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Entscheidender Punkt für Agora ist, dass trotz einer Höchstproduktion von Strom mittels regenerativer Energieträger der CO2-Ausstoß in Tonnen Deutschland gesamt absolut gerechnet stagnieren lässt. Prozentual und bezogen auf die Stromproduktion inkl. Importen hat der CO2-Ausstoß im Jahr 2022 zugenommen. Er lag bei 415,6 g/kWh (2021 389,7g/kWh). Das liegt vor allem am Wegfall der praktisch CO2-freien Stromerzeugung der drei Kernkraftwerke zum Ende des Jahres 2021 und weniger an dem Ersatz des fehlenden Gases aus Russland durch Kohle und Öl. Das Problem wird sich im Jahr 2023 ab dem 15. April noch verschärfen. Es ist mit einem weiteren Anstieg des CO2-Ausstoßes zu rechnen.

Das Energiejahr 2022 in zehn Agora-Punkten

 
Die 10 Punkte werden zitiert und anschließend von uns kurz kommentiert.

1. „Fossile Energiekrise: Die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine prägten das Energiejahr 2022. Russland reduzierte ab Juni sukzessive die Erdgasexporte bis zum vollständigen Lieferstopp ab September. Durch Zukäufe von Flüssigerdgas und Gaseinsparungen konnten bis Mitte November die Erdgasspeicher vollständig gefüllt werden. Der Börsenpreis für fossiles Gas verzehnfachte sich zwischenzeitlich, was die Strompreise auf Rekordhöhen trieb. Auch die Preise für Kohle und Öl vervielfachten sich zeitweise. Die Energiepreise waren wesentliche Treiber der allgemeinen Inflation, die auf über 10 Prozent anstieg.“

Bereits Monate vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine kam es zu einem Anstieg der Strompreise.

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Vermutlich waren auch die Aussichten auf eine Verknappung des Stroms wegen der baldigen Abschaltung von drei der verbliebenen sechs Kernkraftwerke ursächlich.  Dass das immer weniger werdende und dann ausbleibende Gas aus Russland mit dem Gaspreis auch den Strompreis in Rekordhöhen trieb, ist richtig. Es sollte allerdings nicht vergessen werden, dass die Sanktionen der EU und Deutschlands gegen Russland am Ende des Tages den Gas-Stopp ausgelöst haben. Das kürzlich in Kraft getretene Ölembargo gegen Russland wird aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls preissteigernde Auswirkung haben.

2. „Klimaschutz: Die Treibhausgasmissionen stagnierten mit 761 Millionen Tonnen CO2-Äq etwa auf Vorjahresniveau und lagen damit fünf Millionen Tonnen CO2-Äq über dem Zielwert für 2022 laut Klimaschutzgesetz. Der Verkehrs- und der Gebäudesektor verpassten ihre Sektorziele erneut. Emissionsmindernd wirkte der Rückgang des Energieverbrauchs durch teils schmerzhafte Verbrauchsminderungen und Produktionsrückgänge sowie die wetterbedingt gestiegene Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien. Der Ersatz von Erdgas durch die besonders klimaschädigenden Energieträger Kohle und Öl machten die Emissionsminderungen zunichte.“

Und eben auch der fossile Ersatz des mittels Kernkraft erzeugten, nahezu CO2-freien Stroms.

3. „Energieverbrauch und Versorgungssicherheit: Energieeffizienz, Einsparungen, Produktionsrückgänge und geringe Heizverbräuche durch milde Witterung senkten den Primärenergieverbrauch im Vergleich zu 2021 um 4,7 Prozent. Der Verbrauch sank unter das Niveau des Corona-Jahres 2020 und damit auf den tiefsten Stand seit 1990. Der Verbrauch von Erdgas fiel im Vorjahresvergleich um 15 Prozent, Öl- und Kohleverbrauch nahmen dagegen um drei bzw. fünf Prozent zu. Der Stromverbrauch lag mit 550 Terawattstunden drei Prozent unter dem Vorjahresniveau. Ausbleibende Gaslieferungen, erhebliche unvorhergesehene Ausfälle bei französischen Kernkraftwerken und dürrebedingte Probleme bei Kohletransport sowie Kühlwasserentnahme rückten die Versorgungssicherheit in den Fokus der energiepolitischen Debatte.“

Allein die Tatsache, dass Baden-Württemberg bereits zum zweiten Mal zum „Strom sparen“ aufruft, belegt, dass die Strom-Versorgungssicherheit in Deutschland nicht unbedingt und in jedem Fall wie früher strukturell gewährleistet ist.  Auch wenn die Stuttgarter Nachrichten insgesamt beruhigend über den Stromspar-Aufruf berichten: Der Sachverhalt „Aufruf zum Stromsparen“ ist neu in Deutschland.

4. „Erneuerbare Energien: Mit 256 Terawattstunden produzierten Erneuerbare Energien 2022 so viel Strom wie nie zuvor. Ihr Anteil stieg auf 46,0 Prozent; gegenüber 2021 ein Plus von 22 Terawattstunden beziehungsweise neun Prozent. Die Windkraft bleibt mit 128 Terawattstunden größter erneuerbarer Stromlieferant, der Zubau fiel mit 2,4 Gigawatt jedoch weiterhin viel zu gering aus. Die Solarstromproduktion erreichte dank gutem Sonnenjahr und 7,2 Gigawatt Zubau insgesamt 61 Terawattstunden, 23 Prozent mehr als 2021. Am Jahresende betrug die installierte Gesamtleistung aller Erneuerbaren Energien 148 Gigawatt und damit 9,5 Gigawatt mehr als 2021. Sorge für den Ausbaupfad der kommenden Jahre bereitet die Tatsache, dass 2022 neun von zehn Ausschreibungen für Wind- und Solarenergie unterzeichnet waren.

Ein Blick auf den Volllastanteil der jeweiligen Energieträger zeigt, dass sich in den vergangenen Jahren nicht viel verändert hat. Der Volllastanteil ist die Menge Strom die tatsächlich im Verhältnis zur möglichen Strommenge gemäß installierter Kraftwerksleistung erzeugt wurde. Der Zubau regenerativer Kraftwerke wird auch in den kommenden Jahren unter dem Planungs-Soll bleiben. Aber auch wenn alle Planungen erfüllt würden, wäre das Problem der Volatilität von Wind- und Solarkraft nicht gelöst. Die kalte Dunkelflaute im Dezember 2022 hat eindrucksvoll belegt, dass Durchschnittswerte Makulatur sind, wenn der Wind kaum weht und die Sonne winterlich schwach ist.

5. Konventionelle Energien: „Hohe Brennstoffpreise, ein starker Anstieg bei den Erneuerbaren Energien und ein nur leichter Exportanstieg drückten die konventionelle Bruttostromerzeugung 2022 gegenüber 2021 um acht Prozent auf 327 Terawattstunden. Hohe Gaspreise machten die Kohleverstromung fast das gesamte Jahr günstiger als die Stromerzeugung aus Erdgas. Außerdem waren durch die Aktivierung von Kohlekraftwerken aus der Reserve zu Jahresende zwei Gigawatt Kohlekraftwerke mehr am Markt als Ende 2021. Braun- und Steinkohlekraftwerke produzierten hierdurch 18 Terawattstunden mehr, während die Erzeugung aus Gaskraftwerken um 15 Terawattstunden sank. Kernkraftwerke stellten nach der planmäßigen Abschaltung von vier Gigawatt installierter Leistung mit 38 Terawattstunden gegenüber 2021 rund 45 Prozent weniger Strom her.“

Die Minderbedarf gegenüber 2021, die starke regenerative Stromerzeugung und vor allem der letzte Satz oben sind in erster Linie die Gründe der Verminderung der konventionellen Stromerzeugung. Und doch ist der CO2-Ausstoß um über 10% im Bereich Strom gestiegen. ´Atomausstieg` sei Dank.

6. Industrie: „Die Industrie verzeichnete mit 173 Millionen Tonnen CO2-Äq einen Emissionsrückgang um 8 Millionen Tonnen. Trotz verstärktem Einsatz von Öl und Kohle als Ersatz für Erdgas hielt der Industriesektor damit das Klimaziel ein. Hintergrund sind Spar- und Effizienzmaßnahmen sowie Produktionseinbußen aufgrund der hohen Energiepreise. Produktionsrückgänge gab es insbesondere bei energieintensiven Industrien wie der chemischen Industrie, der Metallerzeugung und dem Papiergewerbe. Ein Teil dieses Nachfragerückgangs kann sich als dauerhaft erweisen.“

Beunruhigende Aussagen. Das Klimaziel wird eingehalten. Doch vor allem, weil keine oder nur verminderte Industrie-Produktion stattfand. Damit sind die Weichen offensichtlich für die weitere Deindustrialisierung Deutschlands gestellt. Das sollte unbedingt vermieden werden. Chemie, Metall, Papier: Dieser Dreiklang muss ein deutscher bleiben. Alle anderen Industriebereiche – vor allem die Automobilindustrie, die Glasindustrie, die Elektroindustrie, der Maschinenbau, die Ernährungsindustrie – selbstverständlich auch. Hier geht es um Arbeitsplätze und Innovation, es geht um Wohlstand und Lebensqualität. Nicht mehr und nicht weniger.

7. „Gebäude: Mit 113 Millionen Tonnen CO2-Äq lagen die Emissionen 5 Millionen Tonnen über dem Sektorziel, obwohl hohe Gaspreise 2022 zu einer Reduktion des Erdgasverbrauchs um 16 Prozent und einem Emissionsrückgang von sieben Millionen Tonnen CO2-Äq im Vergleich zum Vorjahr führten. Der Wärmepumpenmarkt legte kräftig zu: im Jahr 2022 wurden knapp 230.000 Wärmepumpen verkauft – ein Plus von gut 40 Prozent. Gleichzeitig wurden jedoch schätzungsweise 600.000 Gas- sowie 50.000 Ölkessel abgesetzt – bei üblichen Lebensdauern von 20 bis 30 Jahren wären viele dieser Kessel auch 2045 noch in Betrieb – ein Widerspruch zu den Klimazielen Deutschlands.“

Im Wärmepumpenbereich wird es wahrscheinlich Einbrüche geben. Vor allem, wenn sich herumspricht, dass die positiven Durchschnittswerte einer Wärmepumpe genau wie im Bereich der Stromerzeugung nur Durchschnittswerte sind. Wird die Wärmepumpenheizung in kalter Zeit tatsächlich benötigt, um Räume auf 18° bis 22° zu erwärmen, wird fast ausschließlich mit Strom geheizt. Anders sieht es bei Wärmepumpen aus, die die Wärme tatsächlich aus dem Erdreich pumpen. Deren Anteil beläuft sich allerdings nur auf einen Bruchteil der insgesamt verbauten Wärmepumpen. Die Tatsache, dass fast zwei Mal so viele konventionelle Fossil-Heizungen als Wärmepumpen im Jahr 2022 installiert wurden, ist nicht nur für die Freunde der Energiewende das falsche Signal. Es belegt, dass die Stimmung der Bevölkerung in Sachen Energiewende auf dem Papier zwar positiv ist. Die Fakten sprechen eine andere Sprache.

8. „Verkehr: Im Verkehr lag der CO2-Äq-Ausstoß mit 150 Millionen Tonnen CO2-Äq deutlich über dem erlaubten Wert von 139 Millionen Tonnen CO2-Äq. Gründe für die Zielverfehlung sind das nach dem Corona-Rückgang angestiegene Verkehrsaufkommen und fehlende politische Maßnahmen zur Emissionsreduktion. Eine Schlüsselrolle bei der Verkehrswende nehmen E-Autos ein. Deren Anteil am Pkw-Absatz in Deutschland hat sich seit 2020 zwar deutlich erhöht, der Anteil am Gesamtfahrzeugbestand bleibt mit 1,3 Prozent Anfang 2022 aber immer noch äußerst gering.“

Der Glaube, dass bis zum Jahr 2030 15 Millionen echte E-Autos (BEV) in Deutschland zugelassen werden, wird sich in jedem der kommenden Jahre mehr und mehr als Irrglaube erweisen. Auch der Ausbau der Lage-Infrastruktur wird nicht wie von der Politik gewünscht vorankommen. Es sind nicht nur – beliebt n der Vorstellung der Politiker – an Laternenpfählen oder sonst wo Ladesäulen zu installieren. Der regenerativ erzeugte Strom muss zusätzlich erzeugt und dann in ausreichender Stärke an den Ladesäulen zur Verfügung gestellt werden. Um das zu gewährleisten, müssen neue Kabel verlegt werden, die den nötigen Strom auch transportieren kann. Vor allem in den Städten ist das eine Aufgabe, die sehr umfangreich, sehr teuer und sehr langwierig sein wird.  Zur Zukunft der E-Mobilität hat sich Prof. Alexander Eisenkopf von der Zeppelin Universität in Friedrichshafen ausführlich geäußert:

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9. „Stimmung in der Bevölkerung: Die Umfrageergebnisse bei Bürger:innen zu den wichtigsten Themen in Deutschland spiegeln die multiplen Krisen des Jahres 2022 wider. Klima- und Umweltschutz gehörten in jedem Monat zu den beiden wichtigsten Themen. In der zweiten Jahreshälfte rückte die Energieversorgung mit Abstand an die erste Stelle, jedoch kaum zu Lasten von Klima- und Umweltschutz, die bei fast konstantem Niveau den zweiten Platz hielten. Ein Großteil der Bevölkerung sieht im Ausbau der Erneuerbaren Energien die beste Reaktion auf den russischen Angriffskrieg. Auch deshalb legte die Akzeptanz für Erneuerbare Energien auf hohem Niveau nochmals zu.“

Wie unter Punkt 7 bereits angedeutet, zählen „wichtige Ziele“ nicht unbedingt zu dem, was vom Bürger dann auch zuerst und sofort in Angriff genommen wird. Es werden auch heute noch mehrheitlich Benzin- oder Diesel PKW gekauft, Hausbesitzer bauen mehrheitlich konventionelle Heizungen in ihr Haus. Ausnahme: Bei Neubauten, die dann oft auch zum Beispiel mit Niedertemperatur-Fußbodenheizungen ausgestattet werden, liegt der Wärmepumpenanteil bereits über gut 50%. Knapp 50% bleiben dennoch bei konventionellen Heizungen. Wenn dann noch die Angst um die Sicherheit der Energieversorgung hinzukommt, sieht es für regenerative Stromerzeuger im Denken der Menschen nicht so gut aus. Zwar meint die Politik, der „massive“ Zubau von Wind- und PV-Anlagen würde die Versorgungssicherheit erhöhen. Die Bürger allerdings merken, dass es damit nicht so weit her sein kann, wenn auf einmal Kohlekraftwerke aktiviert werden (und aus ideologischen Gründen nahezu CO2-freie Kernkraftwerke abgeschaltet werden) sowie „Schlachten“ um Braunkohlevorkommen (Lützerath) geführt werden.

10. „Energiepolitische Entwicklungen und Ausblick: Das Jahr 2022 war in Deutschland und Europa auch energiepolitisch durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geprägt: Die Energie- und Klimapolitik 2022 wurde von Notmaßnahmen zur kurz- und mittelfristigen Krisenbewältigung dominiert, die teilweise zu Lasten der zuvor geplanten klimapolitischen Vorhaben gingen. Weltweit verschärfte sich zudem die Klimakrise in Gestalt zahlreicher Extremwetterereignisse mit häufig dramatischen Folgen für Mensch und Umwelt. 2023 birgt die Chance, die fossile Energiekrise strukturell zu überwinden und die Transformation zur Klimaneutralität auf Kurs zu bringen. Hierfür braucht es zusätzliche Maßnahmenpakete für alle Sektoren, insbesondere das inzwischen überfällige Klimaschutzsofortprogramm. Bei der Umsetzung dieser Maßnahmen kann die Politik auf eine hohe Bereitschaft in Wirtschaft und Bevölkerung setzen, die Transformation aktiv mitzugestalten – kombiniert mit der immer stärkeren Wirtschaftlichkeit von Energiewendetechnologien.“

Die Reduktion auf den Russland-Ukraine-Krieg als Ursache für die Probleme mit der Energie-Versorgungssicherheit in Deutschland wäre sehr einseitig. Schließlich waren es die EU und Deutschland, welche mir nichts, dir nichts die diversen Sanktionen gegen Russland beschlossen und durchgesetzt haben. Dass Wladimir Putin das einfach so hinnimmt, hat doch wohl niemand im Westen ernsthaft geglaubt. Oder vielleicht doch? Sicher ist jedenfalls, dass die Sanktionen Deutschland unter dem Strich erheblich mehr schaden als Russland. Das ist Fakt. Russland verkauft seine Rohstoffe an andere Länder, mit denen Deutschland Handel treibt, zum Beispiel nach China. Deutschland kauft diese Rohstoffe dann zu weit überhöhten Preisen von China. Das ist nur ein Beispiel. Und:  LNG ist alles andere als ein umweltfreundlicher, CO2-armer Energieträger. Der Energieverluste sind hoch.  (Fracking-) Förderung sowie Transport von Gas, das mit hohem Druck zu LNG verarbeitet wird, sind keinesfalls klimafreundlich.

Der folgende, nochmals zitierte Satz aus Punkt 10 belegt den hohen ´Glaubensanteil` der Autoren von Agora-Energiewende: „2023 birgt die Chance, die fossile Energiekrise strukturell zu überwinden und die Transformation zur Klimaneutralität auf Kurs zu bringen.“ Die „fossile Energiekrise“ wird nach Abschaltung der letzten drei praktisch CO2-freien Kernkraftwerke am 15. April 2023 faktisch verschärft.  Von struktureller Überwindung kann überhaupt keine Rede sein. Die hohe Bereitschaft zur Transformation wird „erkauft“. Ohne Subventionen, würde nur sehr wenig laufen. Wie sich der Bundeskanzler das vorstellt, sieht man in der Rede, die Olaf Scholz vor dem Weltwirtschaftsforum (WEF) am 18.1.2023 gehalten hat:

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Eine detaillierte Analyse dieser Rede wird Bestandteil des nächsten Artikels dieser Kolumne sein.

Fazit zur Rückschau Agora-Energiewende

 
Agora – Energiewende findet den Weg zwischen einer zweckoptimistischen Analyse der unbestreitbaren Fakten. Selbstverständlich wird nicht ausdrücklich erwähnt, dass es vor allem der sogenannte Atomausstieg ist, der die CO2-Emmissionen in die Höhe schnellen lässt. Auch weiß die NGO genau, dass der Wegfall des Kernkraftstroms erst in Jahren durch Zubau von Wind- und PV-Anlagen CO2-frei ausgeglichen wird. 2023 wird der CO2-Ausstoß dementsprechend steigen. Denn mit einer nochmaligen Verringerung des Bedarfs ist eingedenk der Ziele in Sachen Elektrifizierung Gebäude und Verkehr nicht zu denken. Auch wenn die geplanten Zahlen (350.000 Wärmepumpen, ab 2024 500.000 Stück; 1.500.000 E-Autos) im Jahr 2023 kaum erreicht werden. Auch der Ausbau regenerativer Stromerzeugungsanlagen stockt. Deshalb wundert es nicht, dass Agora in Punkt 4 der Ergebnisse in der Zusammenfassung ganz oben „trommelt“: „Die Energiekrise und die immer stärkeren Folgen der Klimakrise entfachen eine hohe gesellschaftliche Nachfrage nach der Energiewende und ihren Technologien: Wärmepumpen in Haushalten und Industrie sind gefragt wie nie, die Zahl der PV-Balkonmodule vervierfacht sich und die Deutschen sparen beim Heizen. Immer mehr Kommunen fordern mehr Spielraum, Mobilität klimafreundlicher zu gestalten. Die Bundesregierung sollte diese Nachfrage im Jahr 2023 durch ambitionierte Maßnahmen unterstützen und bestehende Hürden aus dem Weg räumen.

Rückschau der Bundesnetzagentur

 
Anders macht es die Bundesnetzagentur. Sie führt den normalen, nicht in der Materie befindlichen Bürger, auf den „Die Energiewende geht gut voran!“ Weg. So heißt es zu Beginn der Smard-Analyse 2022:

Der Strommarkt im Jahr 2022

„02.01.2023 – Der Stromverbrauch ist insbesondere in der zweiten Jahreshälfte 2022 und insgesamt um 4,0 Prozent gesunken. Die Erzeugung durch konventionelle Energieträger sank (-5,7 Prozent) und die durch Erneuerbare Energien stieg deutlich (+8,5 Prozent) an. Der durchschnittliche Großhandelsstrompreis lag mit 235,45 Euro/MWh deutlich über dem Vorjahreswert (+140,4 Prozent), und Deutschland exportierte netto mehr Strom als im Jahr zuvor. […]“

Es wird suggeriert, dass mit dem Absinken der konventionellen der Anstieg der Erneuerbaren Stromerzeugung eine CO2-Ersparnis einhergehen würde. Das ist aber, wie oben gezeigt wurde, nicht der Fall. Weil eben vor allem praktisch CO2-freier Strom mit dem Abschalten der drei konventionellen Kernkraftwerke zu Beginn des Jahres 2022 weggefallen ist. Das wird im Verlauf des Textes zwar erwähnt: „Insgesamt ging die Erzeugung durch Kernenergie mit -49,8 Prozent am stärksten zurück.“ Dass dies allerdings zu einem Anstieg des CO2-Ausstoßes geführt hat, muss sich der Leser selbst zusammenreimen. Erwähnt wird es nirgendwo. Der Hinweis auf die Steigerung des Stromexports lässt den fachlich nicht versierten Leser vermuten, dass regenerativ erzeugter Strom exportiert wird. Insgesamt ist der Anfang der Smard-Analyse unseres Erachtens die Darstellung eines an sich korrekten Sachverhalts, die dennoch sehr perfide-manipulativ wirken kann.

Auf unsere Anfrage verweist die Bundesnetzagentur auf die EU: „Auf SMARD liegen uns gemäß der Transparenzverordnung (Verordnung (EU) Nr. 543/2013) keine Daten zum CO2-Ausstoß vor, weshalb dieser nicht Bestandteil des Artikels ist. […]“ Eingedenk der Tatsache, dass die Energiewende, die faktisch eine Stromerzeugungs-Umbauwende ist, in erster Linie den Zweck hat, den CO2-Ausstoß in Deutschland zu senken, ist das keine befriedigende Antwort. Dass in einer Rückschau auf das Jahr 2022 von einer Bundesbehörde auf den Sachverhalt „CO2-Entwicklung“ nicht eingegangen wird, ist kaum zu glauben. Dass die Daten zum CO2-Ausstoß nicht vorliegen, ist kein EU-Vorschrifts- sondern ein Berechnungsproblem. Der CO2-Ausstoß wird mittels Multiplikation plus Summierung CO2-Ausstoß pro genutzte Energieträger x erzeugte Strommenge ermittelt und in g/kWh ausgeworfen. Diese Daten liegen der Bundesnetzagentur vor. Die Ersteller der Rückschau wollen offensichtlich nicht kommunizieren, dass die Abschaltung der Kernkraftwerke unter dem Strich den CO2-Ausstoß verursacht durch die Stromerzeugung 2022 erhöht hat. So sollte eine seriöse Analyse nicht aussehen. Schon gar nicht die Analyse einer Bundesbehörde, die vom Steuerzahler bezahlt wird.

Die umfassendste und dabei kompakteste Rückschau bietet Stromdaten.info

 
2022 und sechs weitere Jahre im Vergleich mit allen wesentlichen Daten sind hier übersichtlich zusammengefasst. Zwischen den Datenquellen Bundesnetzagentur und Agora-Energiewende kann geswitcht werden. So sind umfassende Vergleiche und Analysen in fast jeder Hinsicht sehr einfach möglich. Auszug Jahre 2021 & 2022:

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